Konzerte Saison 1986-1987

  • 3.2.1987
  • 20:15
  • 61.Saison
  • Zyklus B
Stadtcasino, Hans Huber-Saal

Takács-Quartett (Boulder, Colorado) Dézsö Ránki, Klavier

Das Takács Quartett, das bereits 1984 und 1987 bei uns gespielt hat und damals noch in Budapest beheimatet war, hat seither zwei Positionen (1. Geige und gleich zweimal die Bratsche, zuletzt in diesem Jahr) umbesetzt und ist inzwischen zu einem amerikanischen Quartett geworden: Es war aber bereits 1983 zum Quartet in residence nach Boulder berufen worden war. Das Quartett formierte sich 1975 an Musikakademie Liszt Ferenc in Budapest und war 1977 1. Preisträger in Evian; später kamen Preise in Porthsmouth, Bordeaux, Budapest und Bratislava hinzu. Zusätzlich zu seiner Aufgabe an der University of Colorado nimmt es besondere Aufgaben in Aspen, Santa Barbara und London (Guildhall School) wahr. Es zählt heute zu den namhaftesten Quartetten und konzertiert weltweit an den renommiertesten Konzertstätten mit einem klassischen Repertoire, zu dem aber auch neue und neueste Musik hinzukommt. Natürlich sind die Bartók-Quartette noch immer ein Hauptpunkt seiner Interpretationen. Für deren Einspielung erhielt das Quartett 1998 den Gramophone Award und wurde für den Grammy nominiert. Beide Preise erhielt es 2002 für seine Beethoven-Einspielungen (op. 59 und 74). Die Fortsetzung dieser Gesamteinspielung wurde 2004 und 2005 mit weiteren Preisen (2005 mit dem 3. Gramophone Award für die späten Beethoven-Quartette) gewürdigt. Seit der Saison 2005/06 ist das Ensemble, dessen Mitglieder vom Ungarischen Staat für ihre Verdienste ausgezeichnet wurden, Quartet in Association am South Bank Centre in London.
Bartóks knappstes, konzentriertestes Quartett war damals das kühnste seiner Werke und durfte als repräsentativ für moderne Musik gelten, selbst im Vergleich mit den Werken des Schönberg-Kreises. Adorno hielt es damals für «fraglos die beste von des Ungarn bisherigen Arbeiten» und bewunderte die «Formkraft des Stückes, die stählerne Konzentration, die ganz originale, aufs genaueste Bartóks aktueller Lage angemessene Tektonik». Die Recapitulazione bildet die Reprise des 1. Satzes, die Coda nimmt, ebenfalls reprisenhaft, Material der Seconda parte wieder auf. Dies ergibt eine ungeheure Geschlossenheit. Dazu kommt, dass die Motive auf zwei oder drei beschränkt sind; aus ihnen wird das gesamte Material des ganzen Werkes abgeleitet. Neu ist vor allem die Lösung von romantischen und vordergründig folkloristischen Anklängen und besonders die in ihren harmonischen Schärfen und in der kontrapunktischen Kompromisslosigkeit noch nie gehörten, dem Streicherklang bisher fremden Farben.
Im Sommer 1862 schrieb Brahms ein Streichquintett mit zwei Celli und schickte es an Clara Schumann und Joseph Joachim. Deren Kritik war bei aller Bewunderung für die „tiefe Bedeutung“ des Stückes unüberhörbar. Joachim bemängelte den fehlenden „Klangreiz“ und die Instrumentation, die er einerseits als „ohnmächtig dünn“, andererseits als „zu dick“ beurteilte. Er schrieb an Brahms: „So wie das Quintett ist, möchte ich es nicht öffentlich produzieren – aber nur, weil ich hoffe, du änderst hie und da einige selbst mir zu grosse Schroffheiten und lichtest hie und da das Kolorit.“ Als es Brahms im Mai 1863 in privatem Kreis vom Joachim-Quartett gehört und mit Joachim die Kritikpunkte diskutiert hatte, arbeitete er es in eine Sonate für zwei Klaviere um und führte sie 1864 mit Carl Tausig in Wien auf. Auch Clara Schumann spielte diese Fassung mit Brahms, hatte aber „das Gefühl eines arrangierten Werkes“. Sie glaubte, es brauche ein ganzes Orchester, um das Werk zur Geltung zu bringen. Brahms, von Clara und dem Dirigenten Hermann Levi zur Umarbeitung gedrängt, entschloss sich jedoch für Klavier und Streichquartett. Nun verbinden sich die Qualitäten des Pianistischen mit denen der Streicher, wie sie vermutlich dem verlorenen Streichquintett (Brahms hat es wohl vernichtet) eigen waren. Plötzlich stimmt alles. Typische Klaviereigenheiten wie volle Akkorde und Figurationen blieben erhalten, bringen aber mehr Licht ins Klangbild und verbinden sich ideal mit den Streichern, welche nicht „zu dick“ auftragen und forcieren müssen. Levi schrieb im November 1864 an Brahms: „Das Quintett ist über alle Massen schön; wer es nicht unter den früheren Firmen: Streichquintett und Sonate gekannt hat, der wird nicht glauben, dass es für andere Instrumente gedacht und geschrieben ist.“ Der erste Satz entwickelt sich aus einem viertaktigen Motto und bringt drei kontrastierende Themengruppen. Das Andante in As-dur wirkt nach dem üppigen Kopfsatz intermezzohaft. Das c-moll-Scherzo weist mit der für Brahms typischen entwickelnden Variation auf den ersten Satz zurück; das Trio nimmt als Variante das zweite Scherzo-Thema auf. Das Finale, Höhepunkt des Werkes, beginnt mit einer langsamen Einleitung, aus der sich das Hauptthema herausschält. Was wie ein Sonatensatz beginnt, erweist sich als viel komplizierter und bedient sich erneut variierender Techniken.

Joseph Haydn 1732-1809

Streichquartett Nr. 76, d-moll, op. 76, Nr. 2, Hob. III:76 «Quintenquartett» (1797)
Allegro
Andante o più tosto allegretto
Menuetto: Allegro (ma non troppo) – Trio
Vivace assai

Béla Bartók 1881-1945

Streichquartett Nr. 3, Sz 85 (1927)
Prima parte: Moderato –
Seconda parte: Allegro –
Recapitulazione della 1a parte: Moderato
Coda: Allegro molto

Johannes Brahms 1833-1897

Klavierquintett f-moll, op. 34 (1864)
Allegro non troppo – Poco sostenuto
Andante, un poco Adagio
Scherzo: Allegro
Finale: Poco sostenuto – Allegro non troppo – Presto non troppo