Konzerte Saison 2015-2016

  • 1.3.2016
  • 19:30
  • 90.Saison
  • Zyklus A
Stadtcasino Basel, Hans Huber-Saal

Smetana Trio (Prag)

Das ursprüngliche Smetana Trio wurde 1934 vom Pianisten Josef Páleníček, dem Vater des heutigen Cellisten, gegründet. 2014 feierte es, jetzt natürlich mit jüngeren Mitgliedern, sein achtzigjähriges Bestehen. Nach dem Vorbild ihrer Vorgänger kombinieren auch die heutigen Mitglieder des Smetana-Trios ihre Trio-Auftritte mit solistischen Konzerten. Jiří Vodička gewann zwischen 2000 und 2007 eine Reihe von Wettbewerben. 2015 wurde er Konzertmeister der Tschechischen Philharmonie. Er spielt eine Geige G. B. Guadagnini (Turin 1779). Der Cellist studierte in Prag und wurde von Paul Tortelier gefördert. Kammermusikstudien betrieb er bei seinem Vater und bei Josef Vlach. Die Pianistin studierte in Prag, Paris und Freiburg. Sie gewann mehrere namhafte Preise und gastiert als Solistin weltweit, aber Kammermusik steht für sie im Zentrum. 2014 hat sie die Einspielung des gesamten Klavierwerks Smetanas (8 CDs) abgeschlossen. Das Smetana-Trio wird regelmässig zu bedeutenden Festivals wie dem Prager Frühling, Mährischen Herbst, Festival Mitte Europa, Concentus Moraviae, Prager Kammerfestspielen, Campos do Jordao in Brasilien eingeladen und konzertiert in Grossbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, der Schweiz, Japan und Süd- und Nordamerika. Es arbeitet mit führenden Dirigenten und mit in- und ausländischen Orchestern zusammen. Seine Aufnahmen für Supraphon wurden mit bedeutenden Auszeichnungen gewürdigt. Für die Einspielung von Dvořáks Klaviertrios Nr. 3 und 4 «Dumky» erhielt das Smetana Trio den renommierten Preis The BBC Music Magazine Award in der Kategorie Kammermusik. Seit 2010 sind Aufnahmen mit den Trios von Mendelssohn, Schubert, Brahms, Ravel und Schostakowitsch erschienen. 2015 nahm es das komplette Triowerk von Martinů auf.
Wegen seiner Herkunft aus Prag wird Anton Reicha auch unter der tschechischen Namensform Antonín Rejcha (Taufname lateinisch Antonius Josephus Reicha) und wegen des langen Aufenthalts seit 1808 in Paris, wo er 1836 gestorben ist, auch mit den französischen Vornamen Antoine-Joseph geführt. Nach dem frühen Tod seines Vaters kümmerte sich sein Onkel Joseph, Cellist und Kapellmeister, um ihn. Mit ihm kam er 1785 nach Bonn, wo er in der nun vom Onkel geleiteten kurfürstlichen Hofkapelle Flöte und Geige spielte. Mit dem gleichaltrigen Beethoven, der zu den Bratschern gehörte, war er bald befreundet. Zusammen besuchten sie Vorlesungen an der Universität (Philosophie, Logik, Metaphysik, griechische Literatur). Nach Auflösung des Orchesters 1794 ging Reicha zunächst nach Hamburg; 1802-1808 lebte er meist in Wien, wo er Haydn begegnete. Ihm widmete er die 36 Klavierfugen op. 36. Und natürlich traf er wieder mit Beethoven zusammen. 1808 fand er seine letzte Lebensstation in Paris. Hier komponierte er auch jene Werke, für die er heute bekannt ist, die Bläserquintette. Schon 1809 lehrte er am Konservatorium. Er wurde, seit 1818 Nachfolger Méhuls, zum wohl bedeutendsten Lehrer für Kontrapunkt und Komposition in Paris, waren doch Onslow, Berlioz, Liszt, Gounod, Franck und weitere seine – zum Teil privaten – Schüler. Das um 1800 entstandene Trio wurde bei Breitkopf & Härtel in Leipzig gedruckt. Auf dem Titelblatt ist es mit Sonate pour le Piano Forte avec accompagnement de Violon et Violoncelle bezeichnet; vor jeder Stimme steht aber auch in verschnörkelter Grossschrift «TRIO». Die Ecksätze weisen rhythmisch wenig prägnante, aus Achtelreihen geformte Hauptthemen auf, wobei das Finalthema durchaus eingänglich ist. Im Adagio stellt das Klavier das nun rhythmisch strukturierte Thema vor, bevor es die Geige übernimmt. In der Folge umspielen 32stel- und teilweise 64stel-Notenreihen in allen Instrumenten den Fortgang.

Robert Schumann hat das d-moll-Trio Mendelssohns als «das Meistertrio der Gegenwart» bezeichnet und es an Bedeutung und Schönheit den Trios op. 70/1 und op. 97 Beethovens sowie Schuberts Es-dur-Trio zur Seite gestellt. Er fügte auch gleich eine Prognose an: «Eine gar schöne Komposition, die nach Jahren noch Enkel und Urenkel erfreuen wird.» Das Trio gehörte rasch zu den populären Werken des Komponisten. Grossen Erfolg erntete er damit, auch als Pianist, bei der Uraufführung am 1. Februar 1840 in Leipzig und 1843 in London. Es war während glücklicher Tage in Frankfurt und am Rhein entstanden. Trotz der Moll-Tonart ist ihm jugendlicher Schwung eigen, zu dem sich komplementär Kantabilität und Leichtigkeit gesellen. Auf Anraten seines Freundes Ferdinand Hiller, dem er bereits im August 1838 das Werk angekündigt hatte, obwohl es erst über ein Jahr später fertig werden sollte, überarbeitete Mendelssohn den Klavierpart. Er wurde dadurch virtuoser. Eine Folge davon ist, dass sich – anders als beim späten Beethoven – das Klavier und die beiden Streicher stärker als eigenständige Klangwelten gegenüber stehen. Und doch erreicht Mendelssohn neben Durchsichtigkeit des Klangs auch eine klassische Ausgeglichenheit. Der erste Satz beginnt mit einem sich über 39 Takte hinweg entfaltenden Hauptthema. Das Cello stellt es vor, die Violine übernimmt es. Man hat diesbezüglich und ebenso auf das wiederum vom Cello eingeführte Seitenthema von Noblesse gesprochen. Diese Themen werden kunstvoll verarbeitet. Daneben ist der Satz auch von allerdings gezügelter Leidenschaft erfüllt. Das sanft ausschwingende Thema des Andante wird vom Klavier vorgestellt, was den Hörer gleich in die Idylle eines Liedes ohne Worte versetzt. Wenn dann die Streicher die Melodie übernehmen, ist der Gesang vollends da. Das monothematische Scherzo evoziert ebenfalls unüberhörbar ein anderes Mendelssohn-Werk, die Musik zum «Sommernachtstraum», Elfenmusik also. Das Finale, in der Form eine Verknüpfung von Rondo und Sonatensatz, entspricht kaum mehr der Ausdruckswelt von Beethovens d-moll-Appas¬sionato. Sein romantisches Pathos geht mehr auf Brillanz aus, spielt mit heiteren Rhythmen, wird zweimal ins piano zurückgenommen und endet in einer fulminanten Coda in D-dur.

«Der Verlust meines ältesten Töchterchens, dieses so ungewöhnlich begabten Kindes, veranlasste mich im Jahre 1855 zur Komposition eines Kammermusikwerkes, des Trios in g-moll. Es wurde noch im gleichen Jahre im Dezember in Prag aufgeführt, ich sass am Klavier, Königslöw spielte den Geigen- und Goltermann den Cellopart. Der Erfolg – ein Misserfolg. Die Kritik verhielt sich durchwegs ablehnend. (...) Ein Jahr später spielten wir das Trio bei mir Liszt vor, der mich umarmte und meine Frau zu dem Werke beglückwünschte.» So schrieb Smetana 22 Jahre nach Entstehung des Trios in einem Brief. Wenn man an Smetanas Kompositionen (ausserhalb der Opern) denkt, kommt einem rasch der Begriff «Programmmusik» der Sinfonischen Dichtungen in den Sinn. Den Kammermusikfreunden fällt natürlich das 1. Quartett «Aus meinem Leben» mit den autobiographischen Bezügen ein, wie sie im Brief vom 12. April 1878 beschrieben sind. Das weniger bekannte Klaviertrio ist wie auch das 2. Streichquartett ebenfalls ohne biographischen Bezug nicht denkbar, auch wenn kein eigentliches Programm zugrunde liegt. Wie der Komponist erwähnt, war der Auslöser für das Werk der Tod der ältesten, etwas über vier Jahre alten Tochter Bedřiška an Scharlach am 6. September 1855. Das Trio entstand in knapp drei Monaten, die Uraufführung fand am 3. Dezember statt (überarbeitet 1857). Der biographische Hintergrund spielt insofern stark mit, als er die Grundstimmung des Werks bestimmt, insbesondere im expressiven Kopfsatz, der unmittelbar nach dem Tod des Kindes entstanden ist. Er ist hörbar Ausdruck des tiefen Schmerzes. Das gleichwohl kraftvolle Hauptthema – «mit einem Schluchzer über eine Duodezime» (K. Honolka) – bestimmt mit seinem chromatisch abwärts führenden Motto den ganzen Satz. Der virtuos-vollgriffige Klaviersatz lässt an Liszt denken, so dass dessen Zufriedenheit mit dem Werk nicht verwundert. Der zweite Satz, ebenfalls in g-moll, ist in fünf Abschnitte gegliedert. Der volksmusiknahe Hauptteil, zu Beginn auf das Motto zurückgreifend, wird zweimal, mit Veränderungen und Kürzungen, wieder aufgenommen. Dazwischen stehen in sich geschlossene Alternativteile I und II, der erste langsam, der zweite marschartig, beide teilweise nach Dur wechselnd. Sie schliessen gewissermassen den dem Trio fehlenden langsamen Satz zwischen die scherzohaften Teile ein. Auch im Finale erscheint in der Einleitung das Mottothema wieder. Doch dann greift Smetana auf ein Jugendwerk, eine Klaviersonate von 1846, zurück. Mit deren Finalthema, das in der Coda das Trio schwungvoll in D-dur beschliessen wird, überwindet Smetana Schmerz und Trauer, auch wenn vom melodiösen Seitenthema trauermarschähnliche Passagen ausgehen.

Anton Reicha 1770-1836

Sonate für Klavier, Violine und Violoncello (Klaviertrio) C-dur, op. 47 (um 1800)
Allegro poco vivo
Adagio
Finale. Allegro vivace

Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847

Klaviertrio Nr. 1, d-moll, op. 49 (1839)
Molto allegro ed agitato
Andante con moto tranquillo
Scherzo: Leggiero e vivace
Finale: Allegro assai appassionato

Bedrich Smetana 1824-1884

Klaviertrio g-moll, op. 15 (1855)
Moderato assai – Più animato
Allegro, ma non agitato – Alternativo I: Andante – Alternativo II: Maestoso
Finale: Presto – Meno presto, tranquillo assai – Grave, quasi marcia