Konzerte Saison 2020-2021

  • 9.3.2021
  • 19.30
  • 95.Saison
  • Abo 5 Saison 2019-20
ONLINE-KONZERT

Solenn’ Lavanant Linke, Mezzosopran Todd Camburn, Klavier

Die Mezzosopranistin Solenn’ Lavanant Linke studierte in Paris und Lausanne und war von 2009 bis 2015 festes Ensemblemitglied am Theater Basel, wo sie mit Regisseuren wie Calixto Bieito, David Bösch, Benedikt von Peter, Árpád Schilling, Elmar Goerden und Armin Petras zusammenarbeiten und sich ein breites Repertoire aufbauen konnte. Zu den Höhepunkten ihrer Basler Auftritte zählen u. a. die Titelpartien in Bizets Carmen und Charpentiers Medée unter der Leitung von Andrea Marcon – eine Rolle, mit der sie 2017 auch am Opernhaus Zürich unter William Christie zu erleben war. Weitere Gastspiele führten sie u. a. an die Bayerische Staatsoper (Cherubino in Mozarts Figaro), nach Aix-en-Provence (Ippolita in Cavallis Elena) und zu den Schwetzinger Festspielen (Merione in Glucks Telemaco). 2018/19 hat sie am Staatstheater Mainz den Cherubino und am Luzerner Theater die Donna Elvira im Don Giovanni, inszeniert von Benedikt von Peter, gesungen. Am selben Ort debütierte sie in der laufenden Saison als Herodias in Salome.

Todd Camburn studierte Klavier in den USA bei Martin Katz und erhielt Diplome in Klavierbegleitung und Kammermusik. Er war als Pianist und Repetitor in Aachen, Mannheim, Seattle, Monte-Carlo und bei den Salzburger Festpielen tätig. 1996 wurde er in dieser Funktion ans Grand Théâtre de Genève berufen. Zudem gab er zahlreiche Kammermusikkonzerte, insbesondere mit Mitgliedern des Orchestre de la Suisse Romande. Er war Pianist und Begleiter bei verschiedenen Liedfestivals. Seit 2003 ist er offizieller Begleiter beim Gesangs- und Opern-Wettbewerb von Genf. 2004 wurde er Professor für Begleitung an der Musikhochschule Lausanne und ist dort seit 2013 auch Chef de département vocal.

Alban Bergs Oeuvre ist überschaubar, scheinbar auch in der Gattung Lied. Doch hat Berg früh als Autodidakt eine beträchtliche Anzahl von Liedern komponiert, die seine Geschwistern Charly und Smaragda sangen. Als Schönberg 1904 einen Kompositionskurs ausschrieb, legte ihm Charly Lieder seines Bruders vor – Alban wurde in den Kurs aufgenommen und später Schönbergs Privatschüler. 1907/08 entstanden «Sieben frühe Lieder»; drei wurden 1907 in einem Konzert der Schönberg-Schüler aufgeführt. Als erstes offizielles Liedopus erschienen 1910 die vier Lieder op. 2. Drei Texte stammen aus Alfred Momberts (1872-1942) «Der Glühende» (revidiert 1920). Der jüdische Jurist hatte 1906 den Beruf aufgegeben und wurde als Dichter berühmt. 1934 verboten die Nazis sein Werk. Im Herbst 1941 gelang es seinem Freund Hans Reinhart, dem aus der bekannten Winterthurer Handelsfamilie stammenden Schweizer Dichter, ihn aus dem Internierungslager Gurs in Frankreich, wohin er deportiert worden war, nach Winterthur zu bringen. Hier starb er schwer krank am 8. April 1942. Bergs Gesänge wirken durch ihre Kürze. Die ersten drei mit dem Motiv «Schlaf» sind tonal. Besonders beeindruckend ist der Schluss des frei atonalen vierten Liedes, in dessen acht letzten Takten die Lautstärke vom fff zum ppp absinkt. Der Klavierpart in allen Liedern ist erstaunlich und beweist, dass Berg schon damals auf dem Weg zu einem bedeutenden Komponisten war.

Die «Gesellenlieder» sind Mahlers frühestes Werk von Bedeutung. Es lässt sich auf einen persönlichen Anlass zurückführen. 1883-85 war Mahler am Theater in Kassel als 2. Kapellmeister engagiert, wo auch die Sopranistin Johanna Richter im Ensemble war. Mahler verliebte sich – erfolglos. Folge aber war, dass er sechs Lieder dichtete und komponierte, die «Lieder eines fahrenden Gesellen». «Ich habe einen Zyklus Lieder geschrieben, vorderhand sechs, die alle ihr gewidmet sind. Sie kennt sie nicht.» «Die zwei blauen Augen von meinem Schatz» dürften die Johannas sein. Ob die Klavierbegleitung damals vollständig ausgeführt wurde, ist unklar. Im Druck erschienen die Lieder vorerst nicht. Für «Ging heut’ morgen übers Feld» ist eine erfolgreiche Aufführung mit Mahler am Klavier in einem Wohltätigkeitskonzert in Prag 1886 belegt. Erst 1897 wurden sie, auf vier reduziert und orchestriert, veröffentlicht, nachdem sie am 16. März 1896 in Berlin uraufgeführt worden waren. Dass daneben die 1. Sinfonie (1884-88; revidiert 1893-96) erklang, ist kein Zufall, werden darin doch zwei Liedpassagen zitiert.

Die zwei Rückert-Lieder ergänzen die Aufführung der drei anderen im Rahmen unseres 2. Konzerts (M. R. Wesseling/Amaryllis Quartett). Im Gegensatz zu den «Gesellenliedern» haben sie inhaltlich keine direkten Beziehungen zueinander. In «Blicke mir nicht in die Lieder» scheint Heiterkeit auf; in «Um Mitternacht» führt eine Steigerung von hoffnungsloser Resignation zu grandios-hymnischem Ende.

Ottorino Respighi ist meist nur als der bekannt, «der den Stadtplan von Rom in Musik gesetzt hat» (Hans Weigel), doch hat er neben Orchesterwerken, neun Opern, Balletten und Streichquartetten auch eine beträchtliche Anzahl Lieder komponiert. Studiert hatte er u. a. bei Max Bruch und Nikolai Rimsky-Korsakow. Später war er Kompositionsprofessor in Rom und Direktor der Accademia di S. Cecilia. Zu seinen Studentinnen zählte Elsa Oliviero-Sangiacomo (1894-1996), die er 1919 heiratete. Für sie schrieb er Lieder und begleitete sie bei über 300 Liedrezitals. Die «Quattro liriche» auf Texte von D’Annunzio – insgesamt komponierte er neun Gedichte dieses Dichters – schrieb Respighi im Sommer 1920 auf Capri. Es ist nicht sinnvoll, hier die umstrittene Person D’Annunzios und die politischen und künstlerischen Eigenheiten seiner Vita und seines Werks darzustellen. Er verband in seinen Werken Naturalismus, Symbolismus und Erotik. Debussy, Mascagni, Zandonai haben seine Libretti vertont. Die Komposition von «La Vergine e la città» konnte Respighi wegen seines frühen Todes nicht ausführen. Von den vier Gedichten aus dem «Poema paradisiaco» hat Respighi «La naiade» seiner Frau gewidmet. Im vierten Lied nahm er auf die berühmte Arie «Intorno all’idol mio» von Antonio Cesti (1623-1669) Bezug, indem er den alten Stil frei adaptierte und mit seinem eigenen verband.

Auch Ravels griechische Volkslieder haben eine Geschichte. Sie sind nicht seine eigenen Kompositionen. Von ihm stammt «nur» die Klavierbegleitung. Anhand einiger griechischer Volkslieder von der Insel Chios (bis 1912 türkisch) wollte der Musikwissenschaftler und Philologe Pierre Aubry 1904 eine Vorlesung zum Thema «Lieder unterdrückter Völker» halten. Er bat den griechischstämmigen Michel-Dmitri Calvocoressi, ihm einige Lieder zu beschaffen und zu übersetzen. Die vorgesehene Sängerin wünschte eine Klavierbegleitung. Calvocoressi bat seinen Freund Ravel um Hilfe. Und der schrieb in kürzester Zeit die Klavierstimme. Später ersetzte Ravel drei zu kurze Lieder durch andere, die er ebenfalls mit Begleitung versah. Die ursprünglichen sind «Quel galant» und «Chanson des cueilleuses».

Alban Berg 1885-1935

Vier Lieder op. 2 (1909/10)
Schlafen, Schlafen (Friedrich Hebbel)
Schlafend trägt man mich in mein Heimatland (Alfred Mombert)
Nun ich der Riesen Stärksten überwand (Alfred Mombert)
Warm die Lüfte (Alfred Mombert)

Gustav Mahler 1860-1911

Lieder eines fahrenden Gesellen (1883-85)
Wenn mein Schatz Hochzeit macht
Ging heut morgen übers Feld
Ich hab ein glühend Messer, ein Messer in meiner Brust
Die zwei blauen Augen von meinem Schatz
«Blicke mir nicht in die Lieder!» (Friedrich Rückert) (Rückert-Lieder Nr. 1) (1901)
«Um Mitternacht» (Friedrich Rückert) (Rückert-Lieder Nr. 4) (1901)

Ottorino Respighi 1879-1936

Quattro Liriche, P 125 (Text: Gabriele d’Annunzio) (1920)
Sogno (Lento)
La naiade (Andante con moto)
La sera (Andante lento)
Sopra un’ aria antica (Andante espressivo)

Maurice Ravel 1875-1937

Cinq Mélodies populaires grecques (Texte aus dem Griechischen übersetzt von Michel Dimitri Calvocoressi, 1877-1944) (1907)
Le réveil de la mariée
Là-bas, vers l’église
Quel galant m’est comparable
Chanson des cueilleuses de lentisques
Tout gai!