Konzerte Saison 1944-1945

  • 27.2.1945
  • 20:00
  • 19.Saison
Stadtcasino, Festsaal

Basler Streichquartett [1926-1947] (Basel)

Im Februar und März 1824 war Schubert in einer Art Schaffensrausch «unmenschlich fleissig» (Schwind). Neben dem am 1. März beendeten Oktett kündigt er drei Streichquartette an. Nur das a-moll-Quartett erlebt am 24. März seine Uraufführung und erscheint im Druck. Doch auch das d-moll-Werk muss damals entstanden sein, wird aber erst 1826 geprobt (Schubert nimmt dabei noch Korrekturen vor) und am 1. Februar erstmals aufgeführt. Hat Schubert das düstere Werk – alle vier Sätze stehen in Moll – wegen seiner Kühnheit zurückbehalten? Denn was er im Harmonischen und mehr noch im Ausdruck erreicht, ist selbst im Vergleich mit Beethovens Spätwerk neuartig. Schon in der Wahl der Variationenvorlage ist Todesnähe erkennbar. Das Todesmotiv tritt in Verbindung mit dem für Schubert so typischen Wanderrhythmus des Daktylus: lang-kurz-kurz. Der Tod kommt als Wanderer, Verkörperung von Fremdsein und Ausgeschlossensein (Denken wir an den wandernden Müllerburschen und an den Wanderer der Winterreise!), daher. Im Lied sanft und friedlich (Bin Freund und komme nicht zu strafen...), lange nicht so traurig wie der Leiermann am Ende der Winterreise, zeigen einige Variationen seine gewalttätige Macht. Noch gewaltsamer ist sein Auftritt in der Reiterhektik des Finale, wo plötzlich des Knaben Frage Siehst Vater du den Erlkönig nicht? aufscheint. So endet das Quartett in einer Art Totentanz und erreicht eine existenzielle Ausdruckskraft, die um 1824/26 ebenso schauerlich wirken musste wie die Lieder der Winterreise.
Die meist für das Familienquartett in den Jahren 1812 bis 1816 geschriebenen mindestens elf Quartette Schuberts waren für ihn der Ort, wo er sich in grösserem Umfang mit der Sonatenform, der Satztechnik und den instrumentalen Anforderungen auseinandersetzen konnte. Manche hat wohl Schuberts Kompositionslehrer Salieri durchgesehen. Nach zwei frühen (D 18 und 94), deren genaue Datierung umstritten ist (wohl vor 1812), schrieb Schubert von Sommer 1812 bis Herbst 1813, oft jeweils in wenigen Tagen, sechs Quartette (D 32, 36, 46, 68, 74 und 87). Das C-dur-Quartett, in fünf Tagen im März 1813 entstanden, zeigt Unbekümmertheit, ja Kühnheit im Harmonischen und in der Modulation. Die Einleitung, welche wohl diejenige von Mozarts „Dissonanzenquartett“ zum Vorbild hat, ist voller Chromatik. Die abwärts laufende Linie wandert durch alle Stimmen. Sie wird in der Durchführung des Allegro, das von aufgewühlten Tremoli bestimmt wird und vorerst kein helles C-dur darbietet, wieder aufgenommen. Auch das Andante wird im Mittelteil von chromatischen Figuren beherrscht. Das kräftige Menuett in B-dur könnte von Beethovens 1. Sinfonie beeinflusst sein; das Trio gibt sich charmant. Problemlos und gerade dadurch mitreissend ist das tanzhafte Finale.

Franz Schubert 1797-1828

Streichquartett Nr. 11, E-dur, op. post. 125, Nr. 2, D 353 (1816)
Allegro con fuoco
Andante
Menuetto: Allegro vivace
Rondo: Allegro vivace
Streichquartett Nr. 14, d-moll, op. post., D 810 «Der Tod und das Mädchen» (1824/26)
Allegro
Andante con moto
Scherzo: Allegro – Trio
Presto
Streichquartett Nr. 4, C-dur, D 46 (1813)
Adagio – Allegro con moto
Andante con moto
Menuetto: Allegro
Allegro