Konzerte Saison 1977-1978

  • 7.3.1978
  • 20:15
  • 52.Saison
  • Zyklus B
Stadtcasino, Hans Huber-Saal

Kopenhagener Streichquartett (Kopenhagen)

Gut einen Monat vor dem Sturm auf die Bastille hat Mozart sein D-dur-Quartett vollendet. Er war gerade von einer Reise nach Potsdam und Berlin heimgekehrt. „Seiner Mayestätt dem König von Preussen“ sollte es ursprünglich – mit fünf weiteren – zugedacht sein. Ein Jahr später – die Welt war, zumindest in Paris, nicht mehr dieselbe – sah sich Mozart gezwungen, die bis dahin entstandenen drei Quartette „um ein Spottgeld“ dem Verleger Artaria zu überlassen. Die Widmung an den Preussenkönig, der er mit der kunstvoll und reich geführten Cellostimme Nachdruck verleihen wollte, war längst hinfällig. Jedenfalls war es nicht die neue politische Situation, die Mozart zur Aufgabe des ursprünglichen Plans führte. In den Quartetten ist nichts von Umbruchstimmung zu spüren. In entspannter Kantabilität, Liedhaftigkeit, staccato-untermalter Melodie und in Verbindung von eleganter Klangsinnlichkeit mit hochentwickelter Polyphonie fliessen die vier Sätze vorüber. Leichte Melancholie liegt über dem Ganzen, und vielleicht hat man gerade darum den Anklang des schlichten Andantes an das Lied „Das Veilchen“ zum Anlass genommen, um dem Quartett einen Beinamen zuzulegen: „Veilchenquartett“. Und obwohl es als das 1. Preussische Quartett bezeichnet wird, gehört es nach Wien.
Schuberts a-moll-Quartett sei, so äusserte sich dessen Freund, der Maler Moritz von Schwind, «im ganzen sehr weich, aber von der Art, dass einem Melodie bleibt wie von Liedern, ganz Empfindung». In der Tat klingen in diesem ersten vollgültigen Quartett nach dem grossen Entwicklungsschub im Instrumentalen der Jahre 1822–24 Lieder an: Im 1. Satz, der ganz «weich» zwischen der Unruhe der Begleitfiguren und der Ruhe der Kantilene schwankt, das (für Schuberts kurzes Leben lange) zehn Jahre ältere Gretchen-Lied «Meine Ruh ist hin» (D 118). Im so gar nicht tanzhaften Menuett erklingt im Cello ein Motiv, das an den Beginn des Schiller-Liedes «Die Götter Griechenlands» (D 677, 1819) erinnert, das A-dur-Trio zitiert daraus die Melodie zum Text «Kehre wieder, holdes Blütenalter der Natur». Im zweiten Satz verwendet Schubert 16 Takte lang – im Gegensatz zum zeitgleich geplanten d-moll-Schwesterwerk – kein Lied; er schreibt auch keine Variationen zum Thema des 2. Entre-Act aus der Schauspielmusik zu «Rosamunde» (das holt er im B-dur-Impromptu D 935/3 nach). Es dient im Schauspiel dem nachdenklichen Zurückblicken – und so empfinden wir alle Zitate und Anklänge im ganzen Quartett. Auch die ungarisierenden alla zingarese-Anklänge im Finale könnten diese Funktion haben. Es ist also nicht, wie man lange glaubte, Schuberts Unfähigkeit, unabhängig von Liedern zu komponieren, vielmehr ein gezieltes, in der entscheidenden Phase der Neuorientierung reflektierendes Zurückblicken.

Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791

Streichquartett Nr. 13, d-moll, KV 173 (1773)
Allegro, ma molto moderato
Andantino grazioso
Menuetto
Fuga: Allegro

Jean Sibelius 1865-1957

Streichquartett d-moll, op. 56 «Voces intimae» (1909)
Andante – Allegro molto moderato
Vivace
Adagio di molto
Allegretto (ma pesante)
Allegro

Franz Schubert 1797-1828

Streichquartett Nr. 13, a-moll, op. 29, D 804 «Rosamunde» (1824)
Allegro ma non troppo
Andante
Menuetto: Allegretto – Trio
Allegro moderato