Konzerte Saison 2002-2003

  • 24.3.2003
  • 20.15
  • 77.Saison
  • Zyklus B
Stadtcasino, Hans Huber-Saal

Leila Josefowicz, Violine John Novacek, Klavier

Leila Josefowicz erregte Aufsehen, als sie 1994 mit dem Tschaikowsky-Konzert in der Carnegie Hall debütierte. Gleich darauf folgte die Einspielung dieses Konzerts und desjenigen von Sibelius. Seither wurde sie von hervorragenden Orchestern (Boston, Cleveland, Philadelphia, Los Angeles, London Philharmonic, Gewandhaus etc.) und bedeutenden Dirigenten eingeladen. Tourneen führten sie durch Amerika, Europa und Japan. Seit dem Alter von drei Jahren (Suzuki Methode) spielt die in Toronto geborene Kanadierin Violine. Mit 13 Jahren kam sie nach Philadelphia, wo sie am Curtis Institute of Music bei Jaime Laredo und Jascha Brodsky studierte. Ihre Kammermusikausbildung erhielt sie ebenfalls am Curtis bei Felix Galimir. 1994 erhielt sie auch den wichtigen Avery Fisher Career Grant und spielt seither die «Ebersolt» Guarneri del Gesù von 1739. Ihr Repertoire umfasst die wichtigsten romantischen Violinkonzerte (neben den erwähnten hat sie Mendelssohn und Glasunow eingespielt) und das Solorepertoire von Bach bis Bartók, daneben aber auch speziell Amerikanisches, wie ihre CD «Americana» belegt, auf der unter anderem die «Rag Suite» ihres Begleiters Novacek festgehalten ist.

Der Pianist John Novacek unternimmt regelmässig Tourneen durch Amerika, Europa und Asien und spielt dabei Soloabende und Klavierkonzerte. Ausser mit Leila Josefowicz ist er als Begleiter von Yo Yo Ma, Joshua Bell, Emanuel Pahud oder Lynn Harrell aufgetreten. Er wurde mit mehreren namhaften Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Leschetizky-Preis. Auch in Fernseh-Shows – für unsere Breitengrade eher ungewohnt – ist er mit Erfolg aufgetreten. Er hat Werke von John Williams, George Rochberg u.a.m. zur Uraufführung gebracht. Seine zwanzig CDs umfassen Werke der wichtigsten Komponisten von Bach bis Bartók. Besonders bekannt und beliebt ist er als Ragtime-Spieler (u.a. Scott Joplin). «This is the best Joplin playing I’ve ever heard» schrieb ein Kritiker. «But Novacek can not only play piano rags, he can really compose them!» Tatsächlich hat er solche in beträchtlicher Zahl komponiert oder arrangiert (u.a. für die drei Tenöre!). Seine CD «Novarags» fand höchstes Lob der Schallplattenkritik. Heute Abend kann man sich von der Qualität solcher Rags live und persönlich überzeugen: Die vier Rags hat Novacek für Leila Josefowicz mit einem Violinpart versehen.

Programmänderung: Die Violinsonate Nr. 1 von Prokofjew ersetzt diejenige von Schostakowitsch.

Bachs sechs Violinsonaten BWV 1014–1019 sind wie viele seiner wichtigsten Instrumentalwerke in Köthen zwischen 1717 und 1723 entstanden. Damit dürften sie die ersten Duosonaten für ein Melodieinstrument und obligates bzw. konzertierendes Cembalo sein. In der Tat löst sich das Cembalo hier aus seiner früheren Rolle, im Basso continuo die Harmonien beizutragen; es wird zum echten Duopartner der Geige. Noch spürt man die Anlage der alten Triosonate; die zweite Oberstimme ist jetzt aber dem Cembalo übertragen, das natürlich auch den Bass übernimmt. Gerade im Adagio der h-moll-Sonate wird aber das Cembalo dreistimmig geführt, während die Violine erst mit der Zeit hervortritt. Das dreiteilige Allegro mit einem geradezu durchführungsartigen Mittelteil ist dreistimmig angelegt, ebenso das Andante und der Schlusssatz. Im D-dur-Andante spielen sich die beiden sanglichen Oberstimmen die Sechzehntelpassagen zu; im Allegro wird bei aller Strenge im Satzbau das spielerische Thema mit seinen Tonwiederholungen zu schwungvollem Abschluss geführt.

Die triptychonartige Violinsonate hat Schostakowitsch für David Oistrach geschrieben, der bereits das 1. Violinkonzert uraufgeführt hatte. Er hat sie nicht als eigentliche Trauermusik konzipiert. Das Andante beruht auf einer Zwölftonreihe, ohne allerdings Zwölftonmusik im strengen Sinn zu sein. Im kürzeren zweiten Satz, einem verzerrten Marsch, kommt die ironisch-sarkastische Seite zum Zug, eingebettet in geradezu sinfonische Dynamik und Dramatik. Der längste Satz, in sich wieder eine Art Triptychon, nimmt seinen Ausgang in einem Largo, das als Basis für eine passacagliaartige Variationenreihe dient. Die Zwölftonreihe des Kopfsatzes wird wieder aufgegriffen und das Eingangs-Largo kehrt wieder. Am Ende zitiert Schostakowitsch den ersten Takt aus Bergs Violinkonzert, sei es als Reverenz gegenüber Berg oder als bewusstes Aufgreifen einer Musik der Trauer.

Der in Worcester, Massachusetts, geborene John Adams gehört zu den bekanntesten amerikanischen Komponisten. Er studierte an der Harvard University, lehrte 1972–83 am Konservatorium von San Francisco und war 1978–85 Composer in residence des San Francisco Symphony Orchestra. Seither hat er verschiedene wichtige Funktionen bei Orchestern und Festivals übernommen. Er komponiert für die verschiedensten Musikgattungen. Bei uns bekannt geworden ist er durch seine Opern Nixon in China (1987) und The Death of Klinghoffer (1991). Adams gilt als Vertreter der Minimal Music, doch wird ihm dieses Etikett, erst recht in seinen neueren Werken, nicht gerecht. In den neunziger Jahren begann er Kammermusik-Werke zu schreiben, u.a. ein Streichquartett für das Kronos Quartett und die «Road Movies» (Auftrag der Library of Congress). Der Titel sei, sagt Adams, ein launiger Einfall, vielleicht angeregt vom «groove» im Klavier; der «is required to be played in a ’swing’ mode (second and fourth of every group of four notes are played slightly late)». Wirke der 1. Satz wie eine entspannte Fahrt auf bekannter Strasse, so sei der 2. eine einfache Meditation über verschiedene kurze Motive – eine einsame Person in einer öden Wüstenlandschaft. Der 3. Satz «is for four wheel drives only, a big perpetual motion machine». Dabei sei die Swing-Intensität, wie sie auf Musik-Computern festgelegt werden könne, auf 40% eingestellt, was für Geige und Klavier über sieben Minuten hin nicht leicht durchzuhalten sei.