Der in Warschau geborene und gestorbene Witold Lutos?awski orientierte sich weder an serieller Zwölftönigkeit noch an einer modern verbrämten Romantik. Das Erlebnis John Cage, nur wenige Jahre vor der Komposition des einzigen Streichquartetts, führte ihn zu aleatorischen Techniken und schlägt sich hier als „begrenzte Aleatorik“ im „Ad-libitum-Ensemble-Spiel“ nieder. Das freie Spiel ohne Rücksicht auf Koordination in gewissen Teilen des Stücks verstärkt die Intensität, da die rhythmische Verschiedenheit Gleichzeitigkeit ausschliesst. Der Einführungssatz, der den Hörer auf die neue Klangwelt einstimmen soll, ist in 13 kurze Episoden unterteilt, unterbrochen durch ein Motiv (Zweiunddreissigstel auf „C“), das alle Spieler gemeinsam vortragen. Der in zwei Teile, ein längeres Presto-Furioso und eine kürzere Funebre-Passage, gegliederte Hauptsatz besteht aus strengen Formteilen, in denen variable Felder von Tönen und Akkorden, die aber vom Komponisten genau vorgeschrieben sind, möglich bleiben. Die Uraufführung am 12. März 1965 in Stockholm spielte das LaSalle Quartet.
Am 9. November 1822 richtete Fürst Nikolaus Galitzin an Beethoven die Bitte, für ihn "un, deux ou trois nouveaux Quatuors" zu schreiben. Die Anfrage kam Beethoven nicht ungelegen. Bereits am 5. Juni 1822 hatte er nämlich dem Verlag Peters ein Quartett in Aussicht gestellt; es war das spätere op. 127. Doch widerrief er das Angebot, da mir etwas anderes dazwischen gekommen: die Missa solemnis und die 9. Sinfonie. Im Februar 1824 nahm er die Arbeit am Quartett wieder auf und schloss es im Februar 1825 ab. Der erste Satz beginnt nach sechs Maestoso-Takten teneramente mit einem lang ausgesponnenen, klar gegliederten Thema in Form einer lyrischen Melodie; es beruht auf einem einzigen schlichten, sequenzartig wiederholten Motiv. Trotz dem g-moll des Seitensatzes und der Wiederaufnahme des Maestoso-Teils wirkt der Satz wie eine Idylle. An zweiter Stelle steht eine Variationenreihe über ein weitgespanntes, rhythmisch einheitliches, kanonartig einsetzendes Thema. Der Charakter wechselt zwischen Unruhe, Munterkeit und Ekstase. Das Scherzo ist geprägt von nervöser Unrast; kontrapunktische Arbeit in geflüstertem Piano hat gespenstische Züge; das Trio wird - fern jeder Behaglichkeit - von fahrigen Violinpassagen und stampfenden Tänzen bestimmt. Es könnte als weitere Variationenfolge zum 2. Satz gehören. Das Finale greift auf die Idylle des Kopfsatzes zurück, wirkt volkstümlich, manchmal fast derb, bevor die Coda in lyrischer Expressivität schliesst.
rs