Konzerte Saison 2004-2005

  • 8.3.2005
  • 20.15
  • 79.Saison
  • Zyklus A
Stadtcasino, Hans Huber-Saal

Cuarteto Casals (Barcelona)

Seit seiner Gründung 1997 an der Escuela Superior de Música Reina Sofía in Madrid hat sich das Quartet Casals als eines der herausragenden jungen Streichquartette etabliert und rasch internationale Anerkennung gewonnen. So gewann es als erstes spanisches Quartett den 1. Preis Yehudi Menuhin im Internationalen Streichquartettwettbewerb in London im Sommer 2000; im selben Jahr wurde das Ensemble mit dem Musikkritiker-Preis in Katalonien ausgezeichnet; ebenso erhielt es den 1. Preis beim Internationalen Johannes-Brahms-Wettbewerb in Hamburg 2002. Es nennt sich nach dem berühmten katalanischen Cellisten Pau Casals, der am 5. April 1946 zusammen mit Paul Baumgartner auch in einem Konzert der Gesellschaft für Kammermusik Basel aufgetreten ist. Auftritte führten und führen das Quartett in viele Länder Europas und Amerikas und in die wichtigsten Konzertzentren in London, Amsterdam, Berlin oder New York. Der Auftritt an den Salzburger Festpielen ist für Sommer 2005 geplant. In der Saison 2003 hat das Quartett sämtliche Streichquartette von Johannes Brahms und den ersten Teil aller Mozartquartette in Barcelona aufgeführt. Ihre erste CD-Einspielung bei Harmonia Mundi mit den drei Streichquartetten von J. C. de Arriaga erschien im Herbst 2003 und wurde von der Kritik begeistert aufgenommen. Dabei spielte das Quartett im Palacio Real de Madrid auf den Stradivarius-Instrumenten der königlichen Sammlung. Ausserdem nahm es an der Wiedereröffnungszeremonie des Museums Pau Casals in Vendrell teil. Wesentlich geprägt wurde das Quartet Casals durch die Arbeit mit Walter Levin und Rainer Schmidt (Hagen Quartett). Als Stipendiaten der Alexander von Humboldt-Stiftung vollendeten die jungen Musiker erfolgreich ihre Studien an der Musikhochschule in Köln bei Harald Schoneweg und dem Alban Berg Quartett im Frühjahr 2003. Augenblicklich unterrichten die Mitglieder des Quartetts an den Musikhochschulen in Barcelona, Zaragoza und Donostia (San Sebastian) Kammermusik.
Das op. 33, mit dem Haydn, der zuvor mit den opp. 9, 17 und 20 das Streichquartett recht eigentlich geschaffen hatte, seinen Durchbruch zum «grossen» Streichquartettkomponisten geschafft und eine neue Epoche eingeleitet hat (allbekannt seine Bemerkung, sie seien «auf eine gantz neue Besondere Art» gemacht), trägt neben vielen anderen Beinamen auch den ebensowenig authentischen «Gli Scherzi». In der Tat wird der Tanzsatz konsequent als Scherzo bezeichnet. Im 4. Quartett klingt dieses Scherzo allerdings mehr wie ein konventionelles, sogar sanftes Menuett. Vielleicht muss man den Begriff Scherzo allgemeiner fassen, finden sich doch im op. 33 zahlreiche scherzhaft-heitere Elemente, auch ganze Sätze. Darin kontrastiert op. 33 zum weitgehend ernsthaften, durch Fugen geprägten op. 20 (das allerdings auch Scherzando-Sätze aufweist). Liegt hier etwa das Neue? In der Verbindung von scherzhafter Heiterkeit, etwa im Schlusssatz des B-dur-Quartetts mit der pointierten Steigerung in der Pizzicato-Coda, und den ernsthaften, aber immer melodiös geprägten langsamen Sätzen wie hier dem Largo? Ist es das in Kammermusik versetzte Dramma giocoso oder eine Art Opera buffa, die ja auch ihre ernsthaft-tiefsinnigen Momente haben kann?

Und Heiterkeit bei Brahms? Als heiterer Komponist gilt der Hamburger – trotz einzelnen der Ungarischen Tänze oder Lieder (und schon gar nicht wegen der Akademischen Festouvertüre) – gewiss nicht. Dass allerdings das B-dur-Quartett das heiterste unter den drei Quartetten ist, dürfte unbestritten sein. Es entstand im Sommerurlaub 1875 im hübsch gelegenen Ziegelhausen am Neckar östlich von Heidelberg, wo Brahms auch an der 1. Sinfonie arbeitete. Im Mai 1876 spielte das Joachim-Quartett das Werk im privaten Rahmen im Hause Clara Schumanns in Berlin, im Herbst öffentlich ebenfalls in Berlin; kurz danach folgte das Hellmesberger-Quartett in Wien.

Schuberts a-moll-Quartett sei, so Schuberts Freund, der Maler Moritz von Schwind, «im ganzen sehr weich, aber von der Art, dass einem Melodie bleibt wie von Liedern, ganz Empfindung». Also nicht Heiterkeit im Sinne des Scherzes. In diesem ersten vollgültigen Quartett nach dem Entwicklungsschub im Instrumentalen der Jahre 1822–24 klingen tatsächlich Lieder an: Im 1. Satz, der ganz «weich» zwischen der Unruhe der Begleitfiguren und der Ruhe der Kantilene schwankt, das zehn Jahre ältere Gretchen-Lied «Meine Ruh ist hin» (D 118). Zu Beginn des gar nicht tanzhaften Menuetts erklingt im Cello ein Motiv aus dem Schiller-Lied «Die Götter Griechenlands» (D 677, 1819), das A-dur-Trio zitiert daraus die Melodie zum Text «Kehre wieder, holdes Blütenalter der Natur». Im Andante verwendet Schubert 16 Takte lang – im Gegensatz zum zeitgleich geplanten d-moll-Schwesterwerk – kein Lied, sondern ein Thema aus dem 2. Entre-Act der Schauspielmusik zu «Rosamunde». Es dient im Schauspiel dem nachdenklichen Zurückblicken – und so empfinden wir alle Zitate und Anklänge im ganzen Quartett. Auch die alla zingarese-Anklänge im Finale könnten diese Funktion haben. Es zeigt sich hier nicht, wie man glaubte, Schuberts Unfähigkeit, unabhängig von Liedern zu komponieren, vielmehr ein gezieltes, in der entscheidenden Phase der Neuorientierung reflektierendes Zurückblicken.

rs

Joseph Haydn 1732-1809

Streichquartett Nr. 40, B-dur, op. 33, Nr. 4, Hob. III:40 (1781)
Allegro moderato
Scherzo: (Allegretto) – Minore
Largo
Presto

Johannes Brahms 1833-1897

Streichquartett Nr. 3, B-dur, op. 67 (1875)
Vivace
Andante
Agitato (Allegretto non troppo) – Trio
Poco Allegretto con Variazioni – Doppio Movimento

Franz Schubert 1797-1828

Streichquartett Nr. 13, a-moll, op. 29, D 804 «Rosamunde» (1824)
Allegro ma non troppo
Andante
Menuetto: Allegretto – Trio
Allegro moderato