Am 9. November 1822 bat Fürst Nikolaus Galitzin Beethoven, für ihn «un, deux ou trois nouveaux Quatuors» zu schreiben. Die Anfrage kam Beethoven nicht ungelegen. Bereits am 5. Juni 1822 hatte er dem Verlag Peters ein Quartett in Aussicht gestellt, das spätere op. 127. Er widerrief das Angebot, da mir etwas anderes dazwischen gekommen: Es waren die Missa solemnis und die 9. Sinfonie. Im Februar 1824 nahm er die Arbeit am Quartett wieder auf und schloss es ein Jahr später ab. Noch während dieser Arbeit, wohl im Herbst 1824, konzipierte Beethoven zwei weitere Quartette, op. 132 und op. 130. Das viersätzige Opus 127 ist leichter fasslich als die drei folgenden Quartette. Der erste Satz bringt nach sechs Maestoso-Takten teneramente ein lang ausgesponnenes, klar gegliedertes Thema in einer lyrischen Melodie. Trotz seinem Seitensatz in g-moll und trotz der mehrfachen Wiederaufnahme des Maestoso-Teils wirkt der Satz wie eine Idylle. Es folgt eine Variationenreihe über ein weitgespanntes, rhythmisch einheitliches, kanonartig einsetzendes Thema; ihr Charakter wechselt zwischen Unruhe, Munterkeit und Ekstase. Das Scherzo ist von nervöser Unrast geprägt; kontrapunktische Arbeit in geflüstertem Piano hat gespenstische Züge. Das Trio wird von fahrigen Violinpassagen und stampfenden Tänzen bestimmt. Das Finale ohne Tempobezeichnung alla breve wirkt volkstümlich, manchmal fast derb, bevor es in der ausgedehnten Coda (Bezeichnung unklar: Allegro con moto oder comodo), die im Charakter eher einem comodo als einem con moto entspricht, in lyrischer Expressivität schliesst.
Schostakowitschs 12. Quartett bildet Konsolidierung und Neubeginn; es leitet die Reihe der letzten Quartette ein. Dass Schostakowitsch die Beschäftigung mit der Zwölftontechnik nicht zum Dogma machte, zeigt der Beginn. Das Cellomotiv ist zwar zwölftönig, doch es wird nicht seriell genutzt, sondern thematisch. Auch die Tonalität verschwindet letztlich nicht: Das Werk beginnt und endet in Des-dur. Hinter der Zweisätzigkeit mit einem gegenüber dem 1. Satz dreimal längeren zweiten verbirgt sich eine komplexe Struktur. H. Keller hat das gesamte Werk in fünf Teile, darunter den 2. Satz in vier Teile (II–V) aufgliedert: I 1. Satz, Exposition (Moderato) // 2. Satz: II Scherzo (Allegretto) / III Langsamer Satz (Adagio) / IV Durchführung (Moderato) / V Finale als Reprise (Moderato – Allegretto). Schostakowitsch sah im 1. Satz «die Welt hoher Ideale. Der 2. Satz stellt ein beunruhigendes Scherzo dar, eine Agonie, die unfähig ist, die Widersprüchlichkeit des Lebens zu lösen».
rs