Das Cuarteto Casals wurde 1997 an der Escuela Superior de Música Reina Sofía in Madrid gegründet. Bald gewann das junge Quartett internationale Anerkennung. Ihre Studien schlossen die jungen Musiker 2003 an der Musikhochschule in Köln bei Harald Schoneweg und beim Alban Berg Quartett ab. Wesentlich geprägt wurde das Cuarteto Casals durch die Arbeit mit Walter Levin und Rainer Schmidt. 2000 gewann es den 1. Preis beim Internationalen Streichquartettwettbewerb in London und 2002 beim Internationalen Brahms-Wettbewerb in Hamburg. 2003 wurde es Quartet in Residence an der Musikhochschule Barcelona, wo es regelmässig unterrichtet. 2005 erhielt es den Preis der Stadt Barcelona, 2006 den Nationalen Musikpreis Spaniens. Auftritte führen das Quartett regelmässig in die wichtigsten Konzertzentren Europas, Nordamerikas und Japans. Sein Repertoire reicht von weniger bekannten spanischen Komponisten über die Wiener Klassiker Mozart, Haydn, Schubert und Brahms hin zu Grössen des 20. Jahrhunderts wie Debussy, Ravel und Zemlinsky. In einer Liveaufnahme liegen alle Quartette Schuberts vor. 2018 und 2019 wurden die ersten beiden CD-Boxen mit Beethovens Quartetten veröffentlicht; die dritte erscheint im Jubiläumsjahr 2020. Das Quartett tritt heute zum fünften Mal in unseren Konzerten auf.
Zum Beethovenjahr erklingt mit dem Quartett op. 135 Beethovens letztes vollständiges Werk; es entstand von Juni bis Oktober 1826. (Ihm folgte im Oktober/November einzig noch das Allegro-Finale als Ersatz für die «Grosse Fuge» in op. 130). Publiziert wurde op. 135 erst im September 1827, ein halbes Jahr nach Beethovens Tod. Verglichen mit den vorangehenden umfangreicheren und höchst anspruchsvollen Opera 127, 130, 131 und 132 ist es das kürzeste und wohl zugänglichste der späten Quartette. Und doch gibt auch dieses Quartett Rätsel auf. Das Motto «Muss es sein? – Es muss sein!», welches den Schlusssatz einleitet und dessen Material später wiederholt auftaucht, hat zahlreiche Deutungsversuche erfahren. Vollkommen überzeugen tut keiner, auch wenn sich das Fragemotiv bereits bei Bach findet.
Die vier Sätze entsprechen weitgehend dem klassischen Usus. Der Kopfsatz beginnt leicht mit einem raffinierten Hinundher zwischen Bratsche und Violine(n), aus dem sich das Thema entwickelt. Das knappe Scherzo in gewohnt dreiteiliger Form bietet ein heiteres Spiel mit einem Thema, das kaum je richtig fassbar wird. Das Lento assai in Des-dur mit nur 54 Takten ist zuletzt entstanden und darf als Höhepunkt des Werkes gelten. Erst mit der Zeit wird einem bewusst, dass es sich um einen Variationensatz mit vier nicht speziell gekennzeichneten Variationen handelt. Es ist ein wahrer Abgesang, der in der Stimmung, vor allem in der Schlussvariation mit den Geigenmotiven und dem Verklingen im pianissimo, auf langsame Satzschlüsse Bruckners vorausweist. Die Einleitungsfrage des Schlusssatzes G-E-As steht in f-moll, die Antwort in F-Dur, aus deren Tönen A-C-G bzw. G-B-F das Hauptthema des Finales entwickelt wird.
«Chaos statt Musik» hatte 1936 die Prawda Schostakowitsch vorgeworfen. Er war sich bewusst, dass er gefährdet war und nicht frei komponieren konnte. Als ihn das Beethoven-Quartett 1939 um die Komposition eines Klavierquintetts bat, zögerte er aber nicht. Das neue Werk – von den Genannten am 23. November 1940 im Moskauer Konservatorium uraufgeführt – wurde ein Riesenerfolg. Scherzo und Finale mussten wiederholt werden. Die beiden ersten Sätze sind nach Bachschem Vorbild als Präludium und Fuge attacca miteinander verbunden. So zeigt schon der Beginn des Quintetts Schostakowitschs enge Verbindung zu Bach. Er spielte ja auch jeden Morgen auf dem Klavier ein Werk Bachs. Im Quintett liegt das Gewicht auf den langsamen Sätzen. Das Ernsthaft-Meditative überwiegt. Im Eingangs-Lento entsteht eine geradezu bach-nahe Feierlichkeit. In sieben Takten stellt zu Beginn das Klavier das ganze thematische Material vor. Die folgende Fuge, ausgehend vom Duo der beiden Geigen, lässt sich fast nicht als solche erkennen, so raffiniert ist sie gearbeitet. Das Scherzo bricht mit seinen bewusst simplen, scheinbar volksmusiknahen Themen den Ernst der vorangehenden Sätze. Doch sollte man bei Schostakowitsch nie zu sehr auf die Vordergründigkeit hören. Zu viel ist in diesem Stück ge-, ja zerbrochen. Ein weiteres Lento, fast zu optimistisch als Intermezzo bezeichnet, nimmt leitmotivisch Elemente des ersten Satzes auf und betont die meditative Stimmung. Es leitet ins Finale über, das mit mahlerscher Scheinheiterkeit beginnt. Aber immer wieder kommt auch dieser Satz ins Grübeln (Bassfiguren); ein rhythmisch prägnantes Thema wird rasch zurückgenommen. Mit fast tänzerischem Charme, der aber jeglichen Übermuts entbehrt, klingt das Werk aus.