Riccardo Bovino wurde 1975 in Turin geboren. Nach erstem Klavierunterricht wurde er mit vierzehn Jahren ins Konservatorium von Turin aufgenommen, wo er 1994 seine Studien mit der höchsten Auszeichnung abschloss. Danach setzte er sein Studium in Basel bei Jürg Wittenbach und Gérard Wyss fort. 2004-2007 studierte er Dirigieren bei Dennis Russel Davies am Mozarteum Salzburg. Bereits mit 21 Jahren erhielt er einen Lehrauftrag an der Hochschule für Musik Basel. Seit 2008 ist er Dozent an der Musikhochschule Bern. Er konzentierte in Basel, Zürich, am Lucerne Festival, in London, Wien, Prag und Buenos Aires sowie bei bekannten Festivals. Er gewann zahlreiche Preise im solistischen und kammermusikalischen Bereich. Ausserdem wird er regelmässig zu Radioaufnahmen in der Schweiz und ausserhalb eingeladen.
Die beiden Liedgruppen von Robert Schumann gehören in seine späteren Jahre. Für die erste hat Schumann auf Gedichte der mit siebzehn Jahren verstorbenen Elisabeth Kulmann zurückgegriffen. Ihre Gedichte werden heute nicht mehr beachtet; der Reclam Liedführer bezeichnet Schumanns Wahl sogar als «seltsamen Irrtum des Komponisten». Die dichterische Qualität der Gedichte des Mädchens, das fliessend acht europäische Sprachen beherrschte und zudem aus dem Lateinischen übersetzte, mag man heute als bescheiden beurteilen, doch ist gleichwohl interessant, was Schumann zur Vertonung gereizt hat. Gemäss seiner Aussage von 1851 war er von den Gedichten angetan: «Es sind diese schlichten Lieder dem Andenken eines Mädchens gewidmet, das schon lange nicht mehr unter uns weilt, das die Wenigsten wohl kaum dem Namen nach kennen. Und doch sie war vielleicht eines jener wunderbar begabten Wesen, wie sie nur selten, nach langen Zeiträumen auf der Welt erscheinen. Der Weisheit höchste Lehren, in meisterhaft dichterischer Vollendung zur Aussprache gebracht, erfährt man hier aus Kindesmund, und wie ihr Leben, im stillen Dunkel, ja in tiefster Armut hingefristet, zur reichsten Seligkeit sich entfaltet, das muss man in ihren Dichtungen selbst nachlesen.»
Auch die zweite, etwa gleichzeitige Werkgruppe Schumanns, das op. 107, gehört nicht zu seinen bekanntesten Werken. Sie wird einerseits als «uneinheitlich an Gewicht» charakterisiert (Fritz Hug), «steht (aber) musikalisch höher» als das op. 104. Darin treten die Vertonungen der Gedichte von Mörike (zwar hinter der Version Hugo Wolfs zurückstehend, aber in der Klavierbegleitung reizvoll) und von Paul Heyse (F. Hug: «ein fein abgetöntes Charakterstück») hervor.
Clara Schumann, geborene Wieck, war eine begnadete Pianistin mit einer über sechzig Jahre dauernden Karriere. Lieder lernte sie früh kennen, noch bevor sie in Deutschland bekannt wurden. So spielte sie in ihrem ersten Konzert von 1828 Schuberts «Forelle». Ihre publizierten Kompositionen erschienen zwischen 1830 und 1853. Darunter waren auch Lieder; drei Rückert-Vertonungen bildeten ihr op. 12 (und zusammen mit neun von Robert Schumann dessen op. 37). Je sechs Lieder bilden Claras eigene Opera 13 und 23. Aus diesem op. 13 erklingen heute je zwei Lieder auf Gedichte von Heine und Geibel. Es war Robert, der Clara zu deren Vertonungen ermutigt hatte. Das Opus wurde als Dank für eine Gastfreundschaft 1842 der dänischen Königin Caroline Amalie gewidmet. Die Nr. 5 und 6 des op. 13 auf Texte von Rückert und Geibel fehlen im heutigen Programm.
Die Zusammenstellung der zwölf Brahms-Lieder im heutigen Programm bildet keine ursprüngliche Einheit. Sie sind, wie die Opuszahlen andeuten, im Rahmen seiner rund 200 Liedkompositionen von 1851 bis 1888 entstanden. Die Texte stammen von zwölf verschiedenen Dichtern. Heute sind nur etwa vier oder fünf dieser Lieder wirklich bekannt oder gar beliebt. Auch die Themen sind ganz verschieden. Die scheinbar willkürliche Liedfolge bietet Gelegenheit, die Schaffensperioden von Brahms zu vergleichen. Es ist unmöglich, hier eine detaillierte Charakterisierung der zwölf Lieder zu geben. Als besonders schöne oder bekannte Lieder gelten Der Tod das ist die kühle Nacht, Ständchen und Von ewiger Liebe. In Treue Liebe, einer frühen «Miniaturballade von zarter Stimmungskraft», fällt die Wellenbewegung im Klavier auf, «die aufschwillt, wenn die Wasser die Trauernde in die Tiefe hinabziehen, und sich wieder zu plätscherndem Spiel beruhigt». Uhlands kurze Heimkehr steigert sich zum Höhepunkt im Schluss «bis ich mag bei der Liebsten sein». In die beiden letzten Liedgruppen op. 106 und op. 107 gehören so hübsche Vertonungen wie das «reizende, romantisch-humoristische» Ständchen Kuglers oder Heyses resignierendes Mädchenlied (Zitate: Reclams Liedführer).