Concerts Season 2024-2025

  • 29.10.2024
  • 19:30
  • 99.Season
  • Abo 8
Stadtcasino Basel, Hans Huber-Saal

Gringolts Quartett (Zürich) Sarah Wegener, soprano

A lively, intense dialogue between the eras - that is a fundamental concern of Ilya Gringolts, one of the outstanding violinists of his generation and primarius of the Gringolts Quartet. Founded in 2008, the string quartet stands for a luminous, unified and at the same time extremely differentiated ensemble sound: glowing, dense, warmly shining like bronze and gold, with maximum expressive effect, then again mercurially agile and dynamic, transparent and audible down to the smallest detail. The Gringolts Quartet’s interpretations are characterised by great musical maturity and impressive technical superiority, which is never superficial but always at the service of the music.

The international ensemble - Ilya Gringolts has Russian roots, violinist Anahit Kurtikyan comes from Armenia, violist Silvia Simionescu from Romania and cellist Claudius Herrmann from Germany - is based in Zurich and has made a name for itself in major concert halls and at major international festivals. The four musicians were already friends through many chamber music encounters before the quartet was founded and have played together in various formations; Claudius Herrmann and Anahit Kurtikyan played together in the renowned Amati Quartet Zurich.

In recent seasons, the quartet has performed at the Salzburg Festival, the Lucerne Festival, the Edinburgh Festival, the Verbier Festival and the Gstaad Menuhin Festival, among others; It also performs regularly in internationally renowned concert halls such as the Concertgebouw Amsterdam, the Elbphilharmonie Hamburg, the Wigmore Hall London, the Philharmonie Luxembourg, the Stockholm Konserthuset, the Festspielhaus Baden-Baden, the St Peter’s Philharmonie, L’Auditori Barcelona, the Sociedad Filarmónica de Bilbao, Lugano Musica and the Società di Concerti in Milan.

Sarah Wegener approaches every role with captivating intensity. She has enthralled listeners with the warmth and richness of her voice in performances such as Strauss’ Orchestral songs under Mariss Jansons and Vladimir Jurowski in Munich, London, and Hamburg, Strauss’ Four Last Songs under Daniel Harding, Mahler’s 8th Symphony under Kirill Petrenko, Vasily Petrenko, James Conlon, Eliahu Inbal, and Kent Nagano as well as in her War and Peace programme shaped around works by Handel and Purcell. Her “marvellously radiant voice, as powerful as it is rich in colour” (Frankfurter Allgemeine Zeitung) distinguishes her as a lieder singer of the highest order, as illustrated on her highly praised CDs Into the Deepest Sea and Zueignung.

Her remarkable versatility has ensured long-standing collaborations with her musical partners, including the conductors Kent Nagano, Emilio Pomàrico, Peter Rundel, Tõnu Kaljuste, Heinz Holliger, Sylvain Cambreling, and Frieder Bernius. Concerts and recitals have taken her to the Salzburg Festival, Schleswig-Holstein Musik Festival, Rheingau Music Festival, Festival de Lanaudière, Chigiana International Festival, and Handel Festival Halle, as well as the Suntory Hall Tokyo, Konzerthaus Berlin, Tonhalle Zürich, Vienna Konzerthaus, Concertgebouw Amsterdam, Philharmonie de Paris, Royal Albert Hall, and Royal Festival Hall London. She has sung leading roles at the Royal Opera House in London, Deutsche Oper Berlin, Wiener Festwochen, Theater Bonn, Staatstheater Saarbrücken, and Tongyeong Festival in South Korea.

Commentary available in German ▼
Haydns Streichquartette op. 17 (1771) nehmen eine Mittelstellung ein zwischen den Quartetten op. 9 (1769/70), die Haydn als seine ersten eigentlichen Quartette bezeichnet haben soll, und den ein Jahr darauf entstandenen, in ihrem zugespitzten musikalischen Affekt, der verstärkten thematischen Arbeit, der ausgedehnteren Sätze und der Aufwertung der Finalsätze als «krisenhaft» zukunftsweisend gedeuteten Quartetten op. 20. Etliche der Züge, die letzterem Opus zugeschrieben werden, lassen sich indessen auch im ersten Quartett des op. 17 beobachten, so die zunehmende Gleichwertigkeit der Stimmen, verstärkte kontrapunktische Arbeit (vor allem im berückenden Trio des zweiten Satzes), Gewicht und Ausarbeitung der einzelnen Sätze, insbesondere des ersten Satzes mit seiner eindrücklichen Durchführung (samt einer berühmten Scheinreprise) und des Schlusssatzes mit seiner überraschenden Konstellation von Durchführung (als Quasi-Wiederholung der Exposition) und modifizierter Reprise.

Heinz Holligers Increschantüm basiert auf Gedichten von Luisa Famos in rätoromanischer Sprache. Das seiner verstorbenen Frau Ursula gewidmete Werk erforscht die enge Verbindung zwischen Musik und Poesie und thematisiert Heimweh und Vergänglichkeit. Sopran und Streichquartett "sprechen" eine gemeinsame, vielschichtige Stimme, wobei die Streicher wie solistische Virtuosen agieren. Trotz der kontrastreichen Einzelstimmen verschmelzen sie zu einer orchestralen Einheit, die die emotionalen Wellen der Dichtung intensiviert.

Warum hat Schuberts grösstes Quartett nicht die Beliebtheit der beiden anderen späten Quartette erreicht? Ist es das Fehlen des populären Beinamens? Gibt es kein beliebtes Thema, das man auf Anhieb wiedererkennt? Ist es die Länge? Oder ist es die Zerrissenheit, die man so lange beim «Schwammerl» Schubert nicht hat in ihrer Bedeutung wahrnehmen wollen, weil sie dem Bild vom «eigentlich schubertschen» Schubert, dem Liedersänger und Melodienerfinder widersprach? In nur elf Tagen, fast gleichzeitig mit Beethovens Abschluss des op. 131 entstanden und jenem gleichrangig, stellt es nicht nur einen Gipfel der Quartettkunst dar, sondern gehört zum Schwierigsten – in der Ausführung wie im Erfassen. Kein populäres Liedthema, keine behäbige Biedermeierseligkeit täuscht über die Ansprüche hinweg. In geradezu sinfonischen Zügen werden im Kopfsatz dramatische, in unruhigem Tremolo aufbrausende Blöcke mit lyrisch kantablen verzahnt, als eine Art «einander ablösender Varianten. Variierte Reihung kennzeichnet auch den zweiten Satz, dessen ausgedehnt singende Cello-Melodien wohl Beruhigung, gar Frieden auszustrahlen vermöchten, wäre ihnen nicht der Affekt der Ruhelosigkeit in den Oberstimmenfiguren beigegeben» (Arnold Feil). Dazu kommt generell das Provokative, welches in verschiedenen Details erkennbar wird, das aber immer Teil des gestalterischen Willens, nicht Unvermögen darstellt. Ein leicht erkennbares sind die genannten immer wieder auftretenden Tremoli. Sie sind mehr als nur eine Form klanglicher Gestaltung, enthalten sie doch ein wichtiges emotionales Potential. Sie haben zudem die Tendenz, die Tonalität zu verschleiern – kein Wunder, dass sie in der Spätromantik so beliebt sind. Dass sich Schubert im Kopfsatz, aber auch im Finale nicht für Dur oder Moll entscheiden kann bzw. will, hat die Hörer ebenfalls irritiert, obwohl es sich dabei um ein typisches Stilmittel Schuberts handelt. Gerade diese angebliche Unentschiedenheit, die sich in den thematisch nicht immer leicht fassbaren Tremoli und im Verunklaren der Tonart äussert, trägt dazu bei, dass das Werk eben nicht so formal klar abläuft wie ein Haydn-Quartett. Dadurch verliert man irgendwie das Zeitgefühl, und dieser Verlust führt auch zu den von Schumann in der grossen C-dur-Sinfonie festgestellten «himmlischen Längen». Schubert hat – wie in dieser Sinfonie, im Streichquintett und in den letzten Klaviersonaten – im G-dur-Quartett, das ausdrücklich keine Sinfonie sein will, mit modernsten und ganz eigenen Mitteln nicht nur zur grossen Form gefunden, sondern in den Ein- und Ausbrüchen auch Grenzen erreicht, an die er ebenso in der Lyrik der Winterreise oder in Heines Atlas («unendlich glücklich oder unendlich elend») gestossen ist.