Unzählige Briefe (man vermutet zwischen 600 und 2000) hat Janáček zwischen 1917 und 1928 an seine „ferne Geliebte“ Kamila Stösslová, die 38 Jahre jünger war als er, geschrieben. Sie war für ihn Befreierin und Anregerin für sein grandioses Spätwerk, an dessen Ende das 2. Streichquartett steht (es wurde vier Wochen nach seinem Tod am 11. September 1928 uraufgeführt). Eben dieses Quartett ist gewiss der schönste dieser Briefe. Es thematisiert – wie schon das erste („Kreutzersonate“) – die Liebe. Im Februar 1928 schrieb Janáček an Kamila: „Jetzt habe ich begonnen, etwas Schönes zu schreiben. Unser Leben wird darin enthalten sein. Es soll «Liebesbriefe» heissen. Ich glaube, es wird reizend klingen. Wir hatten ja genug Erlebnisse!“ Doch bald darauf ändert er den Titel in Intime Briefe, da man seine „Gefühle nicht Dummköpfen preisgibt“, und ersetzt gleichzeitig die vorgesehene Viola d’amour durch die gewöhnliche Bratsche. Was äusserlich an den ständig wechselnden Tempobezeichnungen ablesbar ist, gilt generell für Janáčeks Kompositionsstil. Er entwickelt nicht Themen oder gar Melodien verarbeitend zu einem klassisch-romantischen Satzgebilde, sondern reiht in oft hartem Schnitt Motive oder aus solchen gebildete Phrasen aneinander. Diese sind von tiefem emotionalem Gehalt erfüllt; sobald er ausgeschöpft ist, wird ein Wechsel vollzogen. Dies führt zu starken Kontrasten, wie es gleich zu Beginn des Quartetts zu erleben ist: Aus dem Kern der beiden Phrasen ist letztlich der ganze Satz gereiht. Der Brünner Musikschriftsteller Ludvik Kundera schildert Janáčeks Arbeitsweise folgendermassen: „Janáček hämmerte so laut, als es überhaupt möglich war, (...) mit den Fingern immer wieder ein und dasselbe Motiv von ein paar Tönen aus dem Klavier hervor. (...) Er wiederholte das Motiv mehrere Male rundum, entweder in unveränderter Gestalt oder zuweilen mit einer kleinen Abänderung. Aus der Verve, mit der er spielte, war herauszufühlen, wie stark er von dem Gefühlsgehalt des Motivs erregt und hingerissen wurde. (...) Bei diesem Beginnen komponierte er nicht – er wollte sich nur durch das ständige Wiederholen eines kleinen Motivs in eine bestimmte Stimmung versetzen, um dann ohne Klavier das zum überwiegenden Teil aus diesem Motiv aufgebaute Tonwerk in fieberhafter Hast unmittelbar aufs Papier zu werfen.“
Francks Klavierquintett, ist – nach den Klaviertrios des Siebzehnjährigen – das früheste seiner drei bedeutenden Kammermusikwerke. 1886 folgte ihm, Eugène Ysaÿe zu seiner Hochzeit gewidmet, die A-dur-Violinsonate und 1889/90 als «point culminant de l’art franckiste» (R. Jardillier) das Streichquartett in D-dur. Das Auf- und Abschwellen des Klangs, oft mit Temporückungen verbunden, ist ein typisches Merkmal der Tonsprache Francks, wie auch seine ebenfalls dreisätzige d-moll-Symphonie (1886-89) zeigt. Im Quintett führte Franck erstmals die auch aus der Sinfonie vertraute zyklische Form konsequent durch, indem er die noch so verschieden gearteten Sätze durch Themen und Motive verband. Diese Beziehungen von Themen innerhalb der Sätze und über die Satzgrenzen hinweg sind äusserst dicht. Nicht immer sind es Hauptthemen, welche die Teile verbinden, sondern auch untergeordnete oder Nebenthemen spielen diese Rolle. Die Melodie der 1. Violine in der langsamen Einleitung zum Kopfsatz wird zur Keimzelle der Thematik in allen drei Sätzen. Das wird gleich im chromatisierenden Hauptthema des Sonatensatzes, einem der typischsten Francks, hörbar. Man behält es im Ohr und erkennt es sofort, wenn es in den anderen Sätzen variiert wieder auftaucht. Der zweite Satz macht der Charaktervorschrift con molto sentimento alle Ehre. Er steht im 12/8-Takt und in a-moll. Auch hier gehört das lange, aus ab- und aufsteigenden Figuren gebildete Thema der 1. Geige. Das zyklische Thema des Kopfsatzes taucht im Mittelteil auf. Das Finale, erneut ein Sonatensatz, zeigt Rückgriffe auf die vorangehenden Sätze. Es beginnt mit einer geradezu unheimlich-düsteren Einleitung in chromatischen Tremolofiguren. Langsam schält sich daraus das Hauptthema heraus und findet zur Haupttonart F-dur. Das zweite Thema entwickelt ein Motiv aus dem Lento weiter. Auch das zyklische Thema des Kopfsatzes erhält nochmals grosse Bedeutung, und gegen Ende des Satzes erscheint das zweite Thema des Kopfsatzes wieder. Mit grossem Schwung findet das Werk zu seinem Ende. Franck wollte das Quintett seinem Freund Camille Saint-Saëns widmen, der mit ihm zusammen 1871 die «Société Nationale de la Musique» gegründet hatte, in welcher es am 17. Januar 1880 uraufgeführt wurde. Saint-Saëns spielte zwar den Klavierpart, konnte aber mit dem Werk nichts anfangen. Ostentativ liess er am Ende der Aufführung die Noten auf dem Notenbrett stehen. Auch das Publikum hatte zunächst Mühe, sich in der komplexen Gestaltung zurechtzufinden. Bei den zwei folgenden Kammermusiken dagegen war der Erfolg sehr gross.