Konzerte Saison 1927-1928

  • 31.1.1928
  • 20:15
  • 2.Saison
Stadtcasino, Hans Huber-Saal

Guarneri-Quartett (Berlin)

Über Borodin hört man manchmal die Frage, ob er ein komponierender Wissenschaftler oder ein wissenschaftlicher Komponist gewesen sei. Zweifellos war er eine grosse Doppelbegabung. Hauptamtlich war er (innovativer) Wissenschaftler, Mediziner, dann Chemieprofessor in Petersburg. Komponieren konnte er nur nebenher. Bei seiner Weiterausbildung nach der Promotion in Medizin lernte er in Heidelberg seine Frau kennen (und daneben in Mannheim die Musik Wagners). Sie war eine grosse Musikliebhaberin; ihr hat er das 2. Streichquartett gewidmet – und das hört man dem Werk an. War im 1. Quartett der Ausgangspunkt Beethoven gewesen (mit einem Zitat aus op. 130), so ist im 2. Quartett russische Melodik bestimmend. Dazu trägt das Cello bei, das Borodin selbst ausgezeichnet spielte. So wurde nicht zufällig das ausdrucksstarke Notturno zum beliebtesten Satz des Werkes. Elegant-lyrisch gibt sich der Kopfsatz, das originelle Scherzo in freier Form, das sein gesamtes Material aus den ersten Tönen bezieht, lässt im Trio einen Walzer anklingen. Am ehesten erinnert das Finale an Beethoven. Das einleitende Andante stellt das Material vor (Unisono-Passagen) und unterbricht später den locker dahin fliessenden Ablauf des Hauptteils.
Über die Entstehungsgeschichte der sechs sogenannten Haydn-Quartette wissen wir wenig, da Mozart in seinen Briefen darüber weitgehend schweigt. Doch zeigt ein Brief vom 26. April 1783 an den Pariser Verleger Joseph Sieber père, dass schon damals ein Zyklus von sechs Quartetten geplant war, obwohl erst KV 387 vorlag. Wie stark auch darin das Vorbild, Haydns op. 33, war, ist unklar. Auf dem Autograph des G-dur-Quartetts vermerkte Mozart, es sei li 31 di decembre 1782 in vienna geschrieben worden. Den neuen Stil – in Anlehnung an Haydns gantz neue Art des op. 33 – zeigt schon der Kopfsatz: ein bewundernswertes, kontrapunktisch angelegtes Hauptthema wird sogleich in motivisch-thematischer Arbeit weitergeführt. Das Menuett ist überraschend ausgedehnt und in raschem Tempo gesetzt; das Trio weicht in dunkles g-moll aus. Das Andante bildet mit seinen drei fein gegeneinander abgesetzten Themen das expressive Zentrum des Werkes, bevor eine gewagte Verbindung von Sonatenform und Fuge das Werk brillant und geistreich-spielerisch abschliesst.

Worin liegen nun Mozarts Neuerungen gegenüber Haydn?

Im oft als «Frühlingsquartett» bezeichneten G-dur-Werk sind es konstruktive Elemente, so die konsequente Anwendung des Sonatensatzes in allen vier Sätzen - ja, auch im Menuett. Gerade dieser Satz wird, äusserlich an der Dauer erkennbar, aufgewertet, hier etwa durch zwei Themen mit melodischer Umkehrung in der Durchführung. Der langsame Satz in C-dur weist zwar keine Durchführung, wohl aber Durchführungselemente auf. Im Finale verbindet Mozart Fuge und Sonatensatz, also kontrapunktische und homophone Elemente. Auffällig für Mozarts neuartige Verarbeitungstechnik ist der Kopfsatz: Statt wie Haydn die Themen in kleinste Motive aufzulösen, setzt er auf die Auflösung vertikal geprägter Harmonik und Akkordspannungen in die melodische Horizontale.

Alexandre Tansman 1897-1986

Streichquartett

Alexander Borodin 1833-1887

Streichquartett Nr. 2, D-dur (1880/81)
Allegro moderato
Scherzo: Allegro
Notturno: Andante
Finale: Andante – Vivace

Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791

Streichquartett Nr. 14, G-dur, KV 387 (1782)
Allegro vivace assai
Menuetto: Allegretto – Trio
Andante cantabile
Molto allegro