Am 1. April 1842 notierte Schumann in seinem Haushaltbuch: «Immerzu Quartette. Mozart studiert.» Nach weiteren Studien, nun von Haydn- und Beethovenquartetten, lautete der Eintrag am 4. Juni «a-moll Quartett begonnen». «Quartettistische Gedanken» hatte Schumann seit Februar 1842, ohne dass vor Juni eine Komposition zustande gekommen wäre. Die Quartette erfuhren 1842 und Anfang 1843 mehrere Überarbeitungen, bis sie bei Breitkopf & Härtel in Druck gingen. Schumann hat sie Clara zu ihrem 23. Geburtstag am 13. September 1842 geschenkt und sie ihr vom Gewandhaus-Quartett im privaten Rahmen vorspielen lassen. Die Widmung der Endfassung galt aber «in inniger Verehrung» Felix Mendelssohn. Dessen Quartette op. 44 (erschienen 1839) waren wohl ein weiterer Anlass für Schumanns eigene Quartettkompositionen, gerade weil er «Neues nicht darin» gefunden hatte. Er orientierte sich stattdessen am späten Beethoven. Dessen Dreiergruppe der Opera 130, 131 und 132 mit ihren Beziehungen zueinander war Grund dafür, dass Schumann die Quartette zunächst teilweise untereinander verband. Und nur in diesem einen Fall fasste er drei Werke unter einer Opuszahl zusammen.
Schumann nannte sein 1. Quartett ein Stück in a-moll und F-Dur und teilte beiden Tonarten wichtige Abschnitte zu. So stehen die Introduktion zum Kopfsatz, das Scherzo (Trio und Intermezzo in C-dur) und das Finale in a-moll, der Kopfsatz und das Adagio in F-dur. Von der langsamen Introduktion leiten vier Takte stringendo zum sanglichen Allegro über. Das mendelssohnhafte Scherzo im 6/8-Takt wird zweimal unterbrochen, zuerst durch ein nicht so benanntes Trio im gleichen Takt und Tempo und dann durch ein ruhigeres Intermezzo. Drei Takte führen in den Hauptteil des Adagio mit seinem sanglich-ruhigen Thema ein. Mit einem Quintsprung aufwärts setzt schwungvoll-heiter das Finale ein, das mit seinem Humor an Haydn erinnert. Das markante 2. Thema ist letztlich ein Abwandlung des Hauptthemas. Noch 1847, fünf Jahre nach ihrer Vollendung, nannte Schumann seine Streichquartette sein bestes Werk der früheren Zeit.
Welche Quartette Mozarts Schumann laut seiner Äusserung vom April 1842 studiert hat, wissen wir nicht. Man wird aber kaum bezweifeln, dass das «Dissonanzenquartett» dazugehört hat. Auch Mozarts nach zehnjähriger Pause entstandenen sechs Quartetten ging ein sorgfältiges Studium voraus. Es galt Haydns Quartetten op. 33 (1781), welche «das ‹Mass aller Dinge› am Beginn der Wiener Klassik» (H. Schick) waren. Wenn Mozart seine Quartett-Komposition in der Widmung an Haydn als «frutto di una lunga e laboriosa fatica» bezeichnete, wird man schliessen dürfen, dass auch das intensive Studium der Haydn-Werke ein Teil dieser «fatica» war. So verstehen wir seine Dankbarkeit und die daraus hervorgegangene Widmung der Quartette an Haydn gut. Nicht zufällig hat er sie auch für Haydn aufgeführt und meinte zudem: «Das war Schuldigkeit, denn ich habe von Haydn erst gelernt, wie man Quartetts schreiben müsse.» Mag diese von Rochlitz überlieferte Äusserung auch nicht gesichert sein, so umschreibt sie doch Mozarts Haltung richtig. Im C-dur-Quartett bezieht er sich, wie M. E. Bonds nachgewiesen hat, auf Haydns C-dur-Quartett op. 33/3, nicht zuletzt mit der berühmten «Dissonanzen-Einleitung». Natürlich ist sie anders gestaltet als die 17 Anfangstakte bei Haydn, die dieser gar nicht als Einleitung kennzeichnet. Sie nimmt aber den kühnen Umgang mit den Tonarten in seiner Einleitung in anderer Weise auf. Weitere Details zeigen, dass sich Mozart mit Haydn auseinandersetzt. Bonds fasst es so zusammen: «Während die Instabilität des Kopfsatzes von op. 33, Nr. 3 im Wesentlichen durch horizontale Dissonanz in einer Reihe von unlogischen Harmonien hervorgerufen wird, ist die Dissonanz in KV 465 sowohl horizontal als auch vertikal» (mehr dazu im Programmbuch zum Zyklus «Wiener Klassik»). So sorgt Mozart dafür, dass das reine C-dur zu Beginn des Kopfsatz-Allegro viel stärker hervortritt. Das lyrische Andante trägt etwas Melancholisches in das Werk hinein. Das Menuett lebt vom Wechsel piano – forte, der sich im c-moll-Trio in Klagemotiven fortsetzt. Das Finale, ein Sonatenrondo mit drei Themen, lässt C-dur erneut aufleuchten und bietet ein Musterbeispiel für Mozarts Fähigkeit, Leichtes und Kunstvolles zu kombinieren. Es überrascht, dass ein Kritiker der Quartette 1789 Mozart «einen entschiedenen Hang für das Schwere und Ungewöhnliche» vorwarf. Leopold Mozart hat sich dagegen über die letzten drei der «Haydn-Quartette» so geäussert: «Sie sind zwar ein bischen leichter, aber vortrefflich componiert.»
Welches Vorbild hat Brahms studiert? 1869 schrieb er seinem Verleger Simrock: «Übrigens hat Mozart sich gar besonders bemüht, sechs schöne Quartette zu schreiben, so wollen wir uns recht anstrengen, um ein und das andere passabel zu machen.» War es also auch bei ihm Mozart? Oft wird auch auf Beethovens op. 59 verwiesen, man hat aber auch festgestellt (Karl Böhmer): «Ganz dezidiert hat sich Brahms hier auf Schuberts a-Moll-Quartett bezogen, so etwa gleich im elegischen Duktus des Hauptthemas». Brahms beschäftigte sich 1853 und seit 1865 wieder mit dem Streichquartett. Über zwanzig Quartette sollen es gewesen sein, die er komponiert und vernichtet hat. Die witzige Bemerkung, dass die «Zangengeburt» der beiden ersten gültigen Quartette des Chirurgen Theodor Billroth bedurften, dem sie dann auch gewidmet wurden, sollte wohl die ursprünglich vorgesehene Widmung des a-moll-Quartetts an den Geigerfreund Joseph Joachim, die wegen einer momentanen Verstimmung entfiel, vergessen machen. Das Joachim-Quartett spielte gleichwohl im Oktober 1873 die Uraufführung in Berlin.
Das 2. Quartett wirkt, verglichen mit dem Schwesterwerk in c-moll, gelöster, heller, im Gesamten lyrischer, dies bei höchster Polyphonie und intensiver motivischer Arbeit. Der Kopfsatz beginnt mit einem Motiv (a-f-a-e), dessen Noten 2 bis 4 Joachims Motto F–A–E («Frei, aber einsam») zitieren – wohl ein Hinweis auf die geplante Widmung. Das Andante in A-dur, im bewegteren Mittelteil mit scharfen Akzenten in fis-moll, erscheint äusserlich als dreiteilige Liedform, ist aber im Detail komplizierter gestaltet. Obwohl Brahms schon früh ein Meister der Scherzo-Komposition war, verzichtete er doch immer mehr auf diesen Typus. Geradezu altmodisch ist der 3. Satz mit Minuetto bezeichnet; es soll piano, mezza voce gespielt werden. Es wird von einem lebhafteren Intermezzo in A-dur abgelöst. Das Finale im Dreivierteltakt, ein Sonatensatz mit zwei gegensätzlichen Themen, die man als ungarisch bzw. ländlerhaft-wienerisch charakterisiert hat, wirkt tänzerisch, insbesondere in der umfangreichen Coda. Sie lässt den Satz, nachdem sich alles in Dur aufzulösen schien, in die Haupttonart a-moll zurückfinden. Ein ruhiges Innehalten davor lässt im Akkord noch einmal das F-A-E-Motiv anklingen.