Konzerte Saison 2024-2025

  • 14.1.2025
  • 19:30
  • 99.Saison
  • Abo 8
Stadtcasino Basel, Hans Huber-Saal

Atenea Quartet (Basel)

Das Atenea Quartett wurde 2019 mit dem Ziel gegründet, das umfangreiche Repertoire der Streichquartettmusik zu erkunden und zu vertiefen. Dabei wollen sie diese Musik durch eine persönliche und erneuerte Vision mit der zeitgenössischen Gesellschaft verbinden. Vom Kontrapunkt des 17. Jahrhunderts bis hin zu den avantgardistischsten zeitgenössischen Kompositionen untersucht das Quartett die Verbindungen, die Musik verschiedener Epochen miteinander verbinden.

Seit seiner Gründung hat das Quartett verschiedene nationale und internationale Auszeichnungen erhalten, die ihre Karriere beflügelt haben, darunter der erste Preis beim „Prix Credit Suisse Jeunes Solistes 2023“, der Wettbewerb Zyklus-Concurs „Primer Palau“ 2022 und der erste Preis beim Orpheus Schweizer Kammermusikwettbewerb 2021.

Trotz ihrer kurzen Laufbahn hat die Gruppe bereits an verschiedenen renommierten internationalen Festivals und in Konzerthäusern teilgenommen, darunter das Lucerne Festival, Kammermusik Basel, Wigmore Hall, die zweite Biennale des Streichquartetts in Barcelona, die Schubertiada in Vilabertran, das Palau de la Música Catalana und das Festival d’Aix-en-Provence, um nur einige zu nennen.

Ihr Engagement für die zeitgenössische Schöpfung spiegelt sich in vielen ihrer öffentlichen Auftritte wider, bei denen sie Welt- und Uraufführungen von Werken von Komponisten wie Raquel García-Tomás, Antoni Ros-Marbà, Elisenda Fábregas und Mauro Hertig präsentierten, unter anderen.

Haydns Quartette op. 76 und 77, 1797 bzw. 1799, sieben und neun Jahre nach Mozarts letzten Beiträgen zur Gattung entstanden, bilden den End- und Höhepunkt der Streichquartettkomposition des 18. Jahrhunderts. Das Opus 76, die letzte Sechserserie Haydns, enthält bedeutende Stücke, ob sie nun einen Namen tragen wie das Quinten-, Kaiser- oder Sonnenaufgang-Quartett oder nicht. Die Nr. 1 ist eines der schönsten und beliebtesten, obwohl es (sieht man von der Bezeichnung Erdödy-Quartette nach dem Widmungsträger Graf Joseph Erdödy für das ganze Opus ab) beinamenlos ist. Es ist dicht und konsequent gearbeitet, und doch lockern kantable und heitere Momente die ernsthaften Partien auf. Als einziges dieser Spätwerke weist es eine – wenn auch knappe – Einleitung auf: drei Forteakkorde. Nach diesem zweitaktigen «Vorhang auf-Motiv» setzt das Thema ein, doch nicht in der ersten Violine, sondern es wird, in g-moll mit dem Cello beginnend, fugenartig auf alle Instrumente verteilt. Die Fugenform wird nicht weitergeführt; eine volkstümliche Melodie bringt ein Seitensatzthema ins Spiel, so dass doch noch ein Sonatensatz zustande kommt. Das mozartnahe Adagio in C-dur, wohl einer der schönsten langsamen Sätze Haydns, verbindet Kantabilität und konzertantes Prinzip. Das Presto-Menuett kann man als Haydns erstes Scherzo im beethovenschen Sinne bezeichnen; das Trio setzt als Kontrast auf ländlerartige, oberstimmenbetonte Volkstümlichkeit. Das Finale, ein Sonatensatz, ist das längste Finale in diesem Opus und wohl auch in Haydns ganzem Quartettschaffen. Es beginnt fortissimo und unisono düster in g-moll, nimmt dann lieblichere Formen an und endet in geradezu gassenhauerhafter Heiterkeit.

Schostakowitschs 8. Quartett ist in nur drei Tagen in der Nähe von Dresden entstanden, wo er sich 1960 aufhielt, um die Filmmusik zu einer deutsch-russischen Koproduktion zu schreiben. Dies vergegenwärtigte ihm die Zerstörung Dresdens und die Vernichtung unzähliger Menschen. Darum widmete er das Werk «den Opfern des Faschismus und des Krieges». Viel später gewichtete der Komponist anders, mehr autobiographisch. So jedenfalls wollte er das Zitat aus dem berühmten russischen Revolutionslied «Erschöpft von schwerer Gefangenschaft» verstanden wissen. Überhaupt ist das Werk voller Zitate: Im zweiten Satz erklingt das jüdische Thema, das im 2. Klaviertrio eine wichtige Rolle spielte; im dritten erscheint das Anfangsmotiv des 1. Cellokonzerts aus dem Vorjahr und leitet in den 4. Satz über. Darin zitiert er aus seiner Oper Lady Macbeth von Mzsenk. Zudem klingen die 1. und 10. Sinfonie an. Vor allem im 1. und dem das Werk zyklisch beschliessenden 5. Satz spielt das immer wieder begegnende Motiv D-eS-C-H, das Kürzel von Schostakowitschs Namen, eine wichtige Rolle. So ist die von seiner Tochter geäusserte Meinung, Schostakowitsch habe das Quartett «sich selbst gewidmet», wohl richtig. Dass er es als eine Art Requiem für sich selbst auffasste, bestätigt ein Brief an seinen Freund Isaak Glikman. «Stattdessen habe ich ein niemandem nützendes und ideologisch verwerfliches Quartett geschrieben. Ich dachte darüber nach, dass, sollte ich irgendwann einmal sterben, kaum jemand ein Werk schreiben wird, das meinem Andenken gewidmet ist. Deshalb habe ich beschlossen, selbst etwas Derartiges zu schreiben. Man könnte auf seinen Einband auch schreiben: ‹Gewidmet dem Andenken des Komponisten dieses Quartetts›».
Im Februar und März 1824 war Schubert in einer Art Schaffensrausch «unmenschlich fleissig» (Schwind). Neben dem am 1. März beendeten Oktett kündigt er drei Streichquartette an. Nur das a-moll-Quartett erlebt am 24. März seine Uraufführung und erscheint im Druck. Doch auch das d-moll-Werk muss damals entstanden sein, wird aber erst 1826 geprobt (Schubert nimmt dabei noch Korrekturen vor) und am 1. Februar erstmals aufgeführt. Hat Schubert das düstere Werk – alle vier Sätze stehen in Moll – wegen seiner Kühnheit zurückbehalten? Denn was er im Harmonischen und mehr noch im Ausdruck erreicht, ist selbst im Vergleich mit Beethovens Spätwerk neuartig. Schon in der Wahl der Variationenvorlage ist Todesnähe erkennbar. Das Todesmotiv tritt in Verbindung mit dem für Schubert so typischen Wanderrhythmus des Daktylus: lang-kurz-kurz. Der Tod kommt als Wanderer, Verkörperung von Fremdsein und Ausgeschlossensein (Denken wir an den wandernden Müllerburschen und an den Wanderer der Winterreise!), daher. Im Lied sanft und friedlich (Bin Freund und komme nicht zu strafen...), lange nicht so traurig wie der Leiermann am Ende der Winterreise, zeigen einige Variationen seine gewalttätige Macht. Noch gewaltsamer ist sein Auftritt in der Reiterhektik des Finale, wo plötzlich des Knaben Frage Siehst Vater du den Erlkönig nicht? aufscheint. So endet das Quartett in einer Art Totentanz und erreicht eine existenzielle Ausdruckskraft, die um 1824/26 ebenso schauerlich wirken musste wie die Lieder der Winterreise.

Joseph Haydn 1732-1809

Streichquartett Nr. 75, G-dur, op. 76, Nr. 1, Hob. III:75 (1797)
Allegro con spirito
Adagio sostenuto
Menuetto: Presto – Trio
Finale: Allegro ma non troppo

Dmitrij Schostakowitsch 1906-1975

Streichquartett Nr. 8, c-moll, op. 110 (1960)
Largo –
Allegro molto –
Allegretto –
Largo –
Largo

Franz Schubert 1797-1828

Streichquartett Nr. 14, d-moll, op. post., D 810 «Der Tod und das Mädchen» (1824/26)
Allegro
Andante con moto
Scherzo: Allegro – Trio
Presto