Luca Francesconi wurde am 17. März 1956 in Mailand geboren, wird also in vier Tagen seinen fünfzigsten Geburtstag feiern. Er studierte in Mailand, später in Boston, Rom (mit Karlheinz Stockhausen) und Tanglewood (bei Luciano Berio). In den achtziger Jahren erhielt er mehrere renommierte Preise, und seine Werke, welche die verschiedensten Gattungen umfassen, werden heute weltweit aufgeführt. Er arbeitet als Dirigent mit bekannten Ensembles der Neuen Musik zusammen (z.B. InterContemporain, Modern, Contrechamps, IRCAM, London Sinfonietta) und unterrichtet Komposition am Konservatorium von Mailand. Mit «Niccolò» ist Paganini gemeint – jener Teufelsgeiger, um den offenbar auch ein moderner Quartettkomponist nicht herumkommt. Zwar will das Werk abstrakt sein und in der grossen Quartett- und Geigentradition stehen. Wichtiger ist Francesconi aber, dass es seine Energie aus dem Dionysischen und aus der Volksmusik gewinnt. Es werden Fragmente aus der Musik Paganinis und das Streicherintervall «an sich», die Quinte, verarbeitet – das Stück verbirgt aber seinen wirklichen Kern und seine Logik vor dem Komponisten. Das Stück will auch «erzählen». Der Komponist versucht durch Kratzen, Meisseln, Befragen dieses Potential an die Oberfläche zu bringen, Verbindungen herzustellen und Ordnung zu schaffen. Erstmals unterteilt Francesconi eines seiner Werke in einzelne Sätze. Alle Elemente des Werks sind im ersten Satz bereits vorhanden: vom Geräusch gleichsam elektronischer Komponenten hin zu zigeunerhaften Bogenführungen mit ihrer wilden Energie genauso wie ein mondhaftes Pizzicato-Ritual in höchster Lage und kreisförmige Objekte, welche ständig zwischen Abstraktem und scheinbar Bekanntem hin und her oszillieren. Letztgenannte formen den 2. Satz, das Pizzicato den dritten und das wilde energiegeladene Ritual den atemlosen Schlussatz. Beziehungen zu bekannter Musik sieht Francesconi am ehesten zum 4. Streichquartett Bartóks, eines seiner Lieblingskomponisten. Dies ist für ihn aber nicht wichtig; ihm geht es darum, was wir, die wir eine Synthese sind von allem, was früher war, hier und jetzt hören. Das Quartett wurde am 26. Oktober im Rahmen der «Paganiniana 2005» in Genua vom Arditti Quartet uraufgeführt.