• Werk-Details
  • Trio in drei Sätzen für Violine, Violoncello und Klavier (1984/85)

Mauricio Kagel 1931-2008

Mauricio Kagel, Nachfahre einer russisch-deutsch-jüdischen Einwandererfamilie, wurde in Buenos Aires geboren, wo er – u.a. bei Jorge Luis Borges – Literatur und Philosophie studiert hat. Sein Musikstudium betrieb er auf privater und autodidaktischer Basis. Er wirkte u.a. als Assistent von Erich Kleiber und als Dirigent am Teatro Colón. Nachdem er 1957 als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes nach Köln gekommen war, nahm er dort Wohnsitz und erwarb 1980 die deutsche Staatsbürgerschaft. Kagel ist als engagierter und origineller Vertreter neuer Musik bekannt geworden, speziell im Bereich des Theaters («Staatstheater», «Ludwig van», «Aus Deutschland», «Mare nostrum» – beide in letzter Zeit in Basel aufgeführt). Er hat eine Vorliebe für raffinierte klangliche, aber auch überraschende Effekte, die jedoch immer aus der Idee eines Werkes herauswachsen. Er zeichnet sich mit seiner nahezu unerschöpflich klangsinnlichen Phantasie und einem unermüdlich kritischen Intellekt als eine der unumstrittenen Zentralfiguren der musikalischen Avantgarde aus. Trotz «Respekt und Furcht vor ’absoluter Musik’» hat er eine grosse Zahl Kammermusikwerke komponiert, darunter vier Streichquartette. Zu seinem 1984/85 entstandenen Klaviertrio, welches zu den wichtigsten Werken des 20. Jahrhunderts für diese Besetzung zählt, bemerkte Kagel anlässlich der Uraufführung folgendes: «Mit der Komposition eines Klaviertrios habe ich mir einen lange gehegten Wunsch erfüllt. Es ist dies ein Genre, vergleichbar mit der Tradition des Streichquartetts, vor dem jeder Komponist leise Ehrfurcht haben dürfte. Auch ich wartete geduldig, aber beunruhigt, um meinen Obolus zu entrichten. Die Vorgeschichte des Stückes ist mit meinem Musikepos über den Teufel, «La trahison orale», aufs engste verknüpft, das ich 1981–83 schrieb. Bereits bei der Konzeption des Werkes entschied ich mich, Charakterstücke zu komponieren, relativ kurze Nummern mit ausgeprägter Atmosphäre, die im Gestus mit Liedern ohne Worte verglichen werden könnten. Es mag seltsam anmuten, dass man heute wieder Musik mit solch literarischem Hintergrund komponieren kann, aber die Entwicklung der Musikgeschichte zeigt, dass nichts geradlinig, sondern durch den ästhetischen Anspruch aufgerüttelt, verschlungen verläuft. [...] Eine der wesentlichsten Lehren, die wir aus der Romantik ziehen können, ist das Primat der musikalischen Substanz über eine spezifische Klangfarbe: Wenn die Vorstellungskraft einprägsam genug ist, dann kann sie mit austauschbaren Klangmitteln einen ihr gerechten Ausdruck finden. Von Anfang an schwebte mir eine Paraphrase meines Musikepos mit der klassischen Besetzung Geige, Violoncello und Klavier vor. Ich habe dies nun in Form eines dreisätzigen Werkes ausgearbeitet und dessen Ablauf mit dem Hauch eines Rondos umgeben. Man könnte dieses Klaviertrio mit einem polyphonen Gefüge von Charakterstücken vergleichen, in dem ausgeprägte Merkmale immer wieder vorkommen, sich verfolgen, abrupt aufhören, aus dem Hintergrund schnell zur Oberfläche steigen und langsam verschwinden. Es ist dennoch absolute Musik im klassischen Sinne – die wahren Gründe des Absoluten verbergend.»
Largo – Andantino – Adagio – Larghetto – Moderato
Allegretto – Larghetto – Allegretto – Feroce – Presto
Andantino – Adagio – Allegretto – Presto – Walzer, molto rubato –
Andantino rubato – Allegretto