• Werk-Details
  • Streichquartett Nr. 1, A-dur, op. 4 (1896)

Alexander von Zemlinsky 1871-1942

Alexander (von) Zemlinskys katholischer Grossvater Anton Semlinsky stammte aus dem damaligen Ungarn und war nach Wien gezogen. Der 1845 geborene Vater, schrieb sich ungarisierend Zemlinszky und fügte dem Namen ein kaum berechtigtes «von» hinzu (das sein Sohn ab 1906 nur noch als Dirigent benutzte), trat aus der katholischen Kirche aus, heiratete eine jüdische Frau und wurde Mitglied der Sephardischen Gemeinde Wiens. Mit vier Jahren erhielt Alexander, der jüdisch erzogen wurde, ersten Klavierunterricht; in der Synagoge sang er im Chor, spielte später die Orgel und assistierte bei den Proben. Dreizehnjährig trat er 1884 ins Konservatorium Wien ein. Wie vor ihm Hugo Wolf war er Schüler von Robert Fuchs und Franz Krenn. Seit 1891 trat er mit Kompositionen hervor, die ihm erste Erfolge einbrachten. Später unterrichtete er Arnold Schönberg, der durch die Heirat mit Zemlinskys jüngerer Schwester Mathilde sein Schwager wurde. Zemlinsky gehört zu jenen Komponisten, denen trotz bedeutenden Werken der grosse Durchbruch versagt blieb, während er als Dirigent grosses Ansehen genoss. Nach 1933 wurden die Probleme immer grösser, erst recht nach der Flucht 1938 in die USA, wo er 1942 krank starb. In Europa blieb er bis zur Wiederentdeckung in den 1970er Jahren vergessen. Heute wird er wieder aufgeführt (Opern, Lyrische Sinfonie, Kammermusik) und geschätzt. Zemlinsky hat fünf Streichquartette komponiert und drei davon veröffentlicht. Das letzte, ein Nachruf auf Alban Berg in Anlehnung an dessen Lyrische Suite, kam postum in den 1970er Jahren heraus, ein Studienwerk von 1893 wurde erst 1998 aufgeführt. Nach dem Klarinettentrio von 1896, einem unter dem Eindruck von Brahms, den Zemlinsky noch persönlich kennen lernte, stehenden Werk, entstand ebenfalls 1896 das offiziell 1. Streichquartett. Auch hier ist Brahms, in dessen Todesjahr es in einem Konzert des Tonkünstlervereins aufgeführt wurde, noch spürbar. Doch unter der scheinbar eindeutigen stilistischen Oberfläche werden Risse, ja Verweigerungen gegenüber dem Vorbild spürbar. Dies ist im Kopfsatz der Fall, der in seinem Umgang mit dem Material und der Form an Schuberts Auseinandersetzung mit den klassischen Prinzipien erinnert. Der 2. Satz ersetzt – Muster ist der 3. Satz von Brahms’ 2. Symphonie – das Scherzo durch eine Art Intermezzo, wenn auch in sehr persönlicher Weise. Es «schielt» nach Hugo Wolf und im Furiant des Alternativo nach Böhmen. Dem festlichen langsamen Satz mit durchaus beethovenscher Expressivität schliesst sich ein schwungvolles Finale in scheinbarer Brahmsmanier an. Doch auch hier ist mehr Innovation zu entdecken, als die Klassizität der Oberfläche zunächst zuzulassen scheint.
Allegro con fuoco
Allegretto
Breit und kräftig
Vivace con fuoco