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  • Adagio aus Streichquartett op. 11 (1936)

Samuel Barber 1910-1981

Der amerikanische Komponist Samuel Barber ist einer jener Komponisten, die man fast nur aufgrund eines einzigen Stückes kennt, obwohl oder vielleicht gerade weil er weitgehend als Postromantiker gilt und nie ein Avantgardist war. Weder seine Oper «Vanessa», 1958 gleich nach der Uraufführung in New York bei den Salzburger Festpielen aufgeführt, noch das Violinkonzert (op. 14, 1939/40) noch «Dover Beach» für Streichquartett und Singstimme (op. 3, 1931) – Barber, der eine Gesangskarriere im Auge hatte, hat das Stück selber aufgeführt – konnten sich bei uns definitiv durchsetzen. Auch die in Amerika offenbar häufiger gespielte, von Horowitz uraufgeführte viersätzige Klaviersonate von 1949, die als Meisterwerk gilt, hört man bei uns nie. Wirklich bekannt geworden ist Barber einzig durch sein Adagio for Strings, das man beim Begräbnis von Präsident Eisenhower spielte und das auch beim Tod von J. F. Kennedy, zu dessen Lieblingsstücken es gehörte, am Radio erklang. Auch bei den Begräbnissen von Albert Einstein und Prinzessin Grace von Monaco wurde es gespielt. Noch bekannter wurde es aber durch eine Reihe von Filmen, erstmals 1940 in «Der grosse Diktator», insbesondere aber als Titelmusik im Antikriegsfilm «Platoon» (1986). 2004 wurde das Adagio bei einer Umfrage der BBC zur «saddest music in world», zur mit Abstand traurigsten klassischen Musik gewählt. Dass es sich bei diesem Stück um die Bearbeitung für Streichorchester (von Barber 1938 für Toscanini) des langsamen Satzes Molto Adagio aus dem Streichquartett op. 11 handelt, ist weniger bekannt. Das Quartett war während eines Stipendienaufenthalts in Europa in Rom entstanden. Es gliedert sich in zwei Abteilungen, von denen die erste den Kopfsatz, die zweite das Adagio und ein attacca anschliessendes kurzes Finale umfasst. Das Molto adagio in b-moll ist weitgehend ein zarter, ruhiger Klagegesang voll Melancholie. Die Melodie entwickelt sich nach langen Akkorden zunächst in der Violine, nachher in Viola und Cello wellenförmig und steigert sich zu grosser klanglicher Intensität in den obersten Lagen, um dann wieder in Trauer zurückzusinken. In Amerika ist es üblich, das Adagio als Einzelstück aufzuführen, was auch heute bei uns der Fall ist.
Molto adagio