Ernest Chausson, der vielseitig begabte Sohn einer Unternehmerfamilie, hatte auf Geheiss seines Vaters zuerst die Rechte studiert und war 1877 Rechtsanwalt geworden. Später konnte er sich dank finanzieller Unabhängigkeit der Musik zuwenden und studierte bei Massenet und Franck. Im Alter von nur 44 Jahren prallte er mit dem Fahrrad gegen eine Mauer und erlitt einen Schädelbruch. So starb noch im 19. Jahrhundert ein Komponist, der die Verbindung zwischen spätromantischer Tradition, speziell der Wagners, und dem modernen französischen Stil des sogenannten musikalischen Impressionismus bildet. Mit Debussy war Chausson denn auch lange Jahre befreundet. Seit 1888 versuchte er in Zusammenarbeit mit ihm, der ja auch nicht ganz unbeeinflusst von Wagner war, «le spectre rouge de Wagner qui ne peut se détacher de moi» auszutreiben. Chausson suchte den Weg über den französischen «classicisme» eines Couperin und Rameau, was wohl auch mit seiner Tätigkeit in der 1871 gegründeten «Société nationale de musique» zu tun hat. Ein wichtiges Werk in dieser Zeit ist - neben der Sinfonie und dem «Poème» - das von Eugène Ysaÿe angeregte «Concert». Es trägt wohl im Rückgriff auf Couperin den französischen Titel «Concert» - kein Virtuosen-Concerto romantischer Art also, sondern Kammermusik, auch wenn es kein Sextett ist. Die beiden zuerst komponierten Sätze Grave (1889) und die an Fauré erinnernde Sicilienne (1890) dürften dem Konzept der «Ars Gallica» am ehesten entsprechen. Harmonisch und im Aufbau lehnt sich das «Concert», nicht zuletzt im zyklischen Wiederaufgreifen früherer Themen, allerdings viel stärker an ein Schlüsselwerk der spätromantischen französischen Kammermusik an: an César Francks Klavierquintett von 1878/79.