Joachim Kaiser, Süddeutsche Zeitung
Berlin based Artemis Quartet was founded in 1989 at the University of Music Lübeck and is counted among the foremost worldwide quartet formations today. Important mentors have been Walter Levin, Alfred Brendel, the Alban Berg Quartet, the Juilliard Quartet and the Emerson Quartet.
Being awarded the first place in ARD competition in 1996 and six months later at ‚Premio Borciani’, made the quartet internationally successful. Yet the four initially followed an invitation of the Institute for Advanced Study Berlin in order to enhance their studies as an ensemble and to broaden them in an interdisciplinary exchange with renowned academics.
Artemis Quartet gives concerts for all great musical centres and international festivals in Europe, the United States, Asia, South America and Australia. Since 2004 the ensemble creates own cycles at the chamber music hall of Berlin Philharmonie, since 2011 at Wiener Konzerthaus (together with Belcea Quartet) and with the beginning of season 2016/2017 at Prince Regent Theatre Munich.
From the beginning the collaboration with musical colleagues has been a major inspiration for the ensemble. Thus, Artemis Quartet has toured with notable musicians such as Sabine Meyer, Elisabeth Leonskaja, Juliane Banse and Jörg Widmann. Various recordings document the artistic cooperation with several partners, for example the piano quintets by Schuhmann and Brahms with Leif Ove Andsnes, the Schubert quintet with Truls Mørk or Arnold Schönberg’s ’Verklärte Nacht’ with Thomas Kakuska and Valentin Erben from Alban Berg Quartet.
Since 2005 the Artemis Quartet exclusively records for Virgin, today Erato and can by now look back on a large discography. Their recordings have been repeatedly awarded the ’The German Record Critic’s Award’, the ’Gramophone Award’, the ’Diapason d’Or’ as well as the ’ECHO Klassik’. The entire recording of Beethoven’s quartets for strings was honoured with the important french ’Grand Prix de l’Académie Charles Cros’ in 2011.
Most recently released was a recording of creations of Mendelssohn-Bartholdy in 2014 (ECHO Klassik) as well as – dedicated to Friedemann Weigle – the recording of Brahm’s quartets op. 51/1 and op. 67 in fall 2015 (The German Record Critic’s Award).
Not least to increase the awareness for what is new in the field of established music, the examination of contemporary music is always a significant part of the artistic work of the ensemble. Composers such as Mauricio Sotelo (2004), Jörg Widmann (2006), and Thomas Larcher (2008) wrote creations for Artemis Quartet. In 2014 a concert for strings and orchestra by Daniel Schnyder premiered in Frankfurt. The musicians launched their own contest for musical composition in 2015. Eduard Demetz was nominated the awardee in November 2015 and his string quartet Nr. 2 will receive its premiere in Berlin in the first half of 2016.
Besides their practice in concerts, the four musicians teach as professors at University of the Arts Berlin and Chapelle Musicale Reine Elisabeth in Brussels.
After the tragic death of Friedemann Weigle in July 2015 Artemis Quartet restructured itself in the beginning of 2016 with Anthea Kreston at the second violin. Gregor Sigl took the position of the viola.
Eine andere (Klang-)Welt zeigt das zwei Jahre später entstandene B-dur-Quartett – als Parallele könnte man den Unterschied zwischen der 1. und 2. Sinfonie heranziehen. Es darf geradezu als klassisch, ja klassizistisch gelten, ist schlichter und weniger von motivischer Arbeit geprägt als die beiden Vorgänger, wirkt heiter und freier. Brahms dürfte aufgrund der erfolgreichen Ausarbeitung der 1. Sinfonie richtig entspannt gewesen sein. Neben der Umarbeitung der 1. Sinfonie arbeitete er am Quartett im Frühlings- und Sommerurlaub 1875 im hübsch gelegenen Ziegelhausen am Neckar östlich von Heidelberg; er vollendete es im folgenden Winter in Wien. Im Mai 1876 spielte das Joachim-Quartett das Werk im privaten Rahmen bei Clara Schumann in Berlin, im Herbst öffentlich ebendort; kurz danach folgte das Hellmesberger-Quartett in Wien. Schon der Beginn mit einer (bewussten?) Anspielung auf die Hornrufe in Mozarts Jagdquartett KV 458 oder vielleicht auch als Selbstzitat aus dem Scherzo des Streichsextetts op. 18, beides Werke in B-dur, gibt den Grundton an. Rhythmisch wird das Spielerische durch die Gegenüberstellung und zeitweise Überlagerung von 6/8- und 2/4-Takt geleistet. Das romanzenhafte Andante in F-dur zeigt dreiteilige Liedform, wobei der Mittelteil, meist in d-moll, freier und dramatischer ist. Besonders angetan war Brahms vom dritten Satz, den er als zärtlich und leidenschaftlich zugleich auffasste. Es handelt sich erneut mehr um ein Intermezzo als um ein echtes Scherzo, das aber Elemente aus dem scherzohaften Hauptthema des Kopfsatzes übernimmt. Auffällig ist die führende Rolle der Bratsche, während Geigen und Cello mit Dämpfer zu spielen haben. Dafür hat sie am Beginn des a-moll-Trios zu schweigen, als ob Brahms auf die Bezeichnung dieses Teils anspielen wollte, doch bald darf sie auch hier ihre Führungsrolle übernehmen. Die Klanglichkeit der Instrumentation gibt dem Satz etwas Notturnohaftes. Das Finale mit Thema und acht Variationen, in denen Brahms seine Meisterschaft in dieser Form beweist, erhält auch umfangmässig das grösste Gewicht im Quartett. Anspielungen fehlen auch hier nicht: Taucht da nicht in der 7. Variation das Jagdthema aus dem Kopfsatz wieder auf? Dass es Brahms’ Lieblingsquartett war, überrascht nicht.
Der Komponist und Kompositionsprofessor Endre Szervánszky (1911-1977) hatte sich als einer der ersten in Ungarn in den fünfziger Jahren mit Webern auseinandergesetzt. 1959 schrieb er mit den «Sechs Orchesterstücken» das erste ungarische Werk in Zwölftontechnik nach dem 2. Weltkrieg. Seine Vorbilder waren früher natürlich auch Bartók und Kodály gewesen. Elf Jahre nach seinem Tod hat György Kurtág mit dem «Officium breve» seiner gedacht. Schon der Titel deutet auf eines der Hauptstilmittel Kurtágs hin, die Kürze – und die hat Kurtág natürlich von Webern, der auch sein Vorbild war, übernommen. Die fünfzehn Sätze dauern knapp 12 Minuten. Der Bezug zu Webern ist im op. 28 (was auch die Opuszahl von Weberns Streichquartett ist) noch viel konkreter als in der Kürze gegeben. Kurtág bezieht sich auf den Doppelkanon aus dem Schlusssatz der 2. Kantate op. 31, Weberns letztem Werk von 1941-1943, der seinerseits ohne die intensive Beschäftigung mit der Vokalpolyphonie des 15. und 16. Jahrhunderts nicht möglich gewesen wäre. Er verwendet ihn in mehreren Sätzen bzw. spielt mit seinen Elementen, so im 5. Satz als Fantasie über dessen Harmonien; im siebten nutzt er die Aussenstimmen, im zehnten transkribiert er ihn direkt einen Ton höher auf die Streicher. Der ganze fünf Takte lange 6. Satz ist seinerseits eine Hommage à Webern in Kanonform. Ein weiteres Zitat gilt dem Komponistenfreund Szervánsky: Nach Anspielungen in den Sätzen 3 und 12 eröffnen die zwölf Anfangstakte in C-dur des Larghetto seiner Streicherserenade von 1947/48 den Schlusssatz dieses – wie Kurtág es nannte – «Mini-Requiem».