Haydn und Mozart finden hier eng zusammen. Doch welche Ursache steckt dahinter? Ist es eine geradezu «wörtliche» Hommage an das Vorbild? Soll es ein auch dem «ohnmusikalischen Publikum» mit «langen Ohren» (Leopold Mozart) verständlicher Dank sein an den Älteren, den Mozart iunior bald als «mio caro Amico» bezeichnen wird? Oder ist es ein bewusstes Spiel, auch in der Tonartwahl: Schau mal, das kann ich auch, und erst noch in Moll? Auffallend ist, dass es darüber hinaus zwischen den beiden Quartetten keine weiteren Übereinstimmungen gibt. Es ist also schwierig, diese auffällige Parallele zu deuten.
Haydn eröffnet den Kopfsatz des G-dur-Quartetts mit einer Art Anlauf in Form einer Kadenz, was er auch in späteren Werken praktizieren wird. Hier ist der Witz besonders gelungen, weil das Thema im 7. und 8. Takt mit genau der gleichen Floskel endet – wie 300 Takte später auch der ganze Satz. Das folgende Largo steht in g-moll. Trotz der Zusatzbemerkung cantabile ist es ein mehrheitlich leidenschaftliches und ergreifendes Stück, das überraschend mit einem Forte-Pizzicato auf G endet. Das Thema des Scherzo gibt sich – eine Art Vorgriff auf Beethoven – widerborstig, da sich nach rhythmisch harmlosem Einstieg seine plötzlich zweiteilige Struktur im Dreiertakt ständig verschiebt, bis es wieder auf der Takt-Eins ankommt. Achtelfolgen heben diesen «Konflikt» auf, bis sich mit der Reprise des Themas wiederum alles verschiebt. Es endet nach einer Generalpause pianissimo. Das melodiöse Trio lässt das rhythmische «Gegen-den-Strich» nicht aufkommen und bleibt auch im Piano. Das bereits erwähnte Finale ist insofern überraschend, als es mit seinem Thema und den drei ersten Variationen nicht unbedingt dem Finale-Charakter des op. 33 entspricht und diesen Typus erst mit der letzten, der Presto-Variation aufgreift. Hält Haydn sich beim Thema und in den Variationen 1 bis 3 streng an das reguläre Achttaktschema, so gibt er es in der Presto-Variation nach einmal acht Takten auf und verkürzt die folgenden Abschnitte auf sechs, dann auf fünf und vier Takte. Der Schluss in Akkorden umfasst gerade noch drei Takte.
Pleyel lässt sein B-dur-Quartett alla breve mit einem munteren Thema im Pianissimo beginnen. Es besteht aus zwei identischen viertaktigen Phrasen. Einzig der Schlusston in der 1. Violine wechselt vom «D» nach «B». Diese Achttakt-Passage wird von einer neuen, nun von gebundenen Achteln dominierten abgelöst, die in ihrem zweiten Teil voller gesetzt ist. Wir erkennen hier die für Pleyels Kompositionsweise typische Abfolge der Bausteine. Der Takt 16 wechselt ins Forte und bringt einen neuen, von kräftigen Doppelgriff-Akkorden bestimmten Achttakter. Thematische Arbeit mit Motiven der Themen ist nicht zu erkennen. Ein lyrisches Thema in der 1. Violine, von punktierten Achteln grundiert, verschwindet, kaum ist es aufgetaucht. Die punktierten Achtel allerdings setzen sich durch und bestimmen den Fortgang. Nach kurzer Durchführung kehren in der Reprise die Themen des Beginns zurück, zum Teil etwas verändert. Auch das 2. Thema erscheint wieder und wird ebenfalls von punktierten Achteln abgelöst. Kurz vor Schluss taucht das Kopfthema nochmals original auf, gefolgt von den acht Takten des Expositionsschlusses. Das Adagio in Es-dur, als Arioso bezeichnet, beginnt mit einem leisen ersten Teil von 17 Takten. Im Mittelteil werden die leisen Abschnitte durch kurze Forte-Einwürfe getrennt. Der Schlussteil nimmt Elemente des Anfangs wieder auf, so eine öfters wiederholte Figur aus zwei Zweiunddreissigsteln und zwei Sechzehnteln. Der Satz verklingt im Pianissimo. Im Final-Rondo tritt, jeweils unterbrochen von Zwischenepisoden, das heitere 16taktige Rondo-Thema dreimal unverändert auf.
Der Tradition und Haydns Vorbild folgend schloss Mozart in die sechs Quartette ein Moll-Werk ein. Dieses d-moll-Quartett dürfte, wenn Constanzes Aussage richtig ist, das Menuett sei zur Zeit ihrer ersten Niederkunft am 17. Juni 1783 entstanden, auch als ganzes ungefähr datierbar sein. Es weist den für Mozart typischen Mollcharakter voller Erregung, doch in der dunklen Klangsprache auch Neuartiges auf. Im nicht allzu raschen Kopfsatz mit seiner eigenartigen Motivik finden sich Intervallsprünge und herbe Dissonanzen. Gleich zu Beginn setzt ein Oktavsprung von d’’ auf d’ in der 1. Violine ein unverkennbares Signal, wenn auch sotto voce. Die viertaktige Phrase wird sogleich eine Oktave höher wie zur Bekräftigung forte wiederholt. Insbesondere die polyphon gestaltete Durchführung ist von diesen Oktavsprüngen und harmonischen Kühnheiten geprägt. Das Oktavintervall wird geradezu zu einer Art Leitmotiv. Dazu kontrastiert das F-dur-Andante im 6/8-Takt mit einer schlichten, elegisch gehaltenen und häufig von Pausen gebrochenen Melodie. Einzig der kurze Mittelteil zeigt mit chromatischen Linien und rascherer Bewegung eine andere Klangwelt. Ähnlich stehen sich im Menuett die dunkle Färbung des Hauptteils und der heitere, von der Primgeige über den Pizzicati der übrigen Instrumente angestimmte Serenadenton des Trios gegenüber. Das Variationen-Finale greift – wie oben beschrieben – im Siciliano-Rhythmus und in der Melodik unüber¬hörbar auf Haydn zurück. Diese Eigenschaften werden aber harmonisch und modulatorisch neu gedeutet. Ganz zum Schluss intoniert die Primgeige wie am Quartettbeginn noch einmal den Oktavsprung abwärts, diesmal von d’’’ zu d’’ – vielleicht als Hinweis: «Jetzt ist endgültig Schluss.»