Concerts Season 2019-2020

  • 4.2.2020
  • 19.30
  • 94.Season
  • Abo 5
Oekolampad Basel

Marmen Quartet (London)

Winners of the Grand Prize at the 2019 Bordeaux International String Quartet Competition, the Marmen Quartet is emerging as one of the most interesting voices on the chamber music scene. Additional accolades include winning the 2018 Royal Over-Seas League Competition and Second Prize at the 8th International Joseph Joachim Chamber Music Competition, as well as the Special Prize for the best interpretation of a contemporary work (Four Quarters by Thomas Adès). Founded in 2013 at the Royal College of Music, London, the Marmen Quartet consists of Johannes Marmen, Ricky Gore, Bryony Gibson-Cornish and Steffan Morris.

As the current holders of the Guildhall School of Music String Quartet Fellowship, they are based in London where they study with Simon Rowland-Jones and John Myerscough. They are also completing a Master of Chamber Music with Oliver Wille at the Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. During 2015-17, they were the inaugural winners of Music In The Round’s ’Bridge’ Scheme, which supported concerts in the north of England and mentoring with the late Peter Cropper.

The Marmen Quartet has appeared on ‘Deutschlandfunk Kultur’, ‘Swedish Radio’ and ‘BBC Radio 3’. They are the Young Quartet in Residence at Wiltshire Music Centre and they have received awards from the Musicians Company/Concordia Foundation, the Hattori Foundation, Help Musicians, as well as the Royal Philharmonic Society Albert and Eugenie Frost Prize. Festival highlights include performances in Hitzacker, Lockenhaus, Edinburgh Fringe, North Norfolk and Lake District. In the upcoming season, they are looking forward to a Beethoven Cycle in Sweden, debut in the Berlin Philharmonie, Cruise to Norway, tour to Japan, and octet performances with the Doric String Quartet.

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Drei Klassiker und ein Moderner

1772/73, zehn Jahre nach zwei Sechsergruppen, hat Mozart das erste der sechs Haydn gewidmeten Quartette komponiert. Sie sind unter dem Eindruck von dessen Quartetten op. 20 und 33 entstanden. «Diesmal lernt er als Meister vom Meister; er ahmt nicht nach; er gibt nichts auf von seiner eigenen Persönlichkeit» (Alfred Einstein). KV 387 wurde am 31. Dezember 1782 beendet; die übrigen folgten bis 1785. Das G-dur-Quartett ist mehr durch konsequente Arbeit als von Schönklang oder Heiterkeit geprägt. Expressivität verbindet sich mit kontrapunktischen Elementen. Im Kopfsatz zeigt die ausgedehnte Durch­führung in kontrapunktischem Spiel mit den Motiven dunklere Momente, bevor in der Reprise Heiteres überhandnimmt; die Coda endet pianissimo. Den Spannung erzeugenden Wechsel von Piano und Forte kostet Mozart auch im Menuett aus. Dieser führt bei jedem Dreiertakt-Viertel zu Akzentverschiebungen und stellt den Tanzrhythmus in Frage. Dem dunklen g-moll-Trio fehlt jede Heiterkeit. Den ausdrucksmässigen Höhepunkt des Werks bildet das C-dur-Andante. Auch hier gibt es Überraschungen, so in harmonisch reichen Passagen, welche durch entfernte Tonarten führen. Im Finale schreibt Mozart zunächst eine Doppelfuge, die an Haydns Fuge in op. 20/5 erinnert. Er verbindet sie mit einem Sonatensatz und stellt den Fugenthemen einen munteren Kontrast in D-dur gegenüber.

Sciarrino wurde am 4. April 1947 in Palermo geboren. Als weitgehender Autodidakt begann er als Zwölfjähriger zu komponieren und ist stolz darauf, nie eine Musikschule besucht zu haben. Er gehört zu den bedeutenden Komponisten der Gegenwart. Von sich sagt er: «Ich habe nie eine ‹offizielle Karriere› gemacht, bin ein Aussenseiter auf allen Gebieten: Ich bin nicht erst zum Konservatorium gegangen und dann zu den Salzburger Festspielen gekommen, sondern bin Autodidakt, der sich künstlerischen Dogmen nicht unterworfen hat.» Sein Oeuvre umfasst die verschiedensten Gattungen von der Kammermusik bis zur Oper. Sei quartetti brevi, entstanden von 1967 bis 1992, waren 2003 in unseren Konzerten mit dem Arditti Quartet zu hören. Zum 7. Streichquartett sagt Sciarrino, die menschliche Stimme, die Entwicklung eines Vokalstils stehe für ihn im Mittelpunkt. «Ich wollte meine kleinen vokalen Eroberungen auf die Instrumente übertragen.» «Tatsächlich entsteht hier ein echohaftes Geflatter, eine Rede- und Antwortsituation einzelner Instrumente und Stimmen, die alternieren, einander stützen, in immer neue Verstrickungen münden» (Tilman Urbach).

Sechs Jahre nach dem op. 33 entschloss sich Haydn wieder zu einer Sechsergruppe, in denen er seinerseits Mozart antwortete. Im Dezember 1787 erschienen sie mit der von Artaria zugeteilten Opuszahl 50 im Druck. Bereits im Mai hatte Haydn erwogen, sie Friedrich Wilhelm II., seit 1786 König in Preussen, zu widmen. Der Cello spielende König hatte nach der Zusendung von sechs Sinfonien (wohl die «Pariser», Nr. 82-87) Haydn seine Vorliebe für dessen Musik bestätigt. Auf Mozarts Quartette reagiert Haydn vor allem in der Harmonik, die reicher und kühner wird. Gewisse Modulationen lassen Schubert vorausahnen. Im Melodischen fällt die verstärkte Chromatik auf. Dazu kommen die Intensivierung des Ausdrucks und eine neue Klanglichkeit, die Ausgewogenheit der vier Stimmen und eine Aufwertung der Finali. Gleichwohl ist das op. 50 echter Haydn. In der konsequenten Monothematik, gut erkennbar im Kopfsatz des B-dur-Quartetts, den das «königliche» Cello simpel mit zwei Takten einer Viertelbewegung auf B solo beginnt, und im Finale, geht er eigene Wege. Das Adagio in Es-dur lässt auf das Thema drei Variationen und eine Coda folgen. Das Menuett klingt an Mozart an. Ganz Haydn ist das vitale Finale, in dem fast alles aus dem Hauptthema abgeleitet wird.

Beethoven wollte sein Opus 95 ursprünglich vom breiteren Publikum fernhalten. Obwohl es sein knappstes Streichquartett ist, kommt es nicht einfach daher. Es entstand in einer Phase schwerer persönlicher Krisen, die zu einer Produktionshemmung führten; es wirkt düster, introvertiert und schroff in Klang und Thematik (man höre nur das unisono-Eingangsmotiv). Seine formale und satztechnische Konzentration weist auf die späten Quartette voraus. Es hat keine Überleitungs- oder Entspannungsabschnitte, so dass die Knappheit nicht nur zu Kürze, sondern zu ausserordentlicher Dichte führt. Das wird gleich im Kopfsatz spürbar, der nur vier Minuten dauert. Es fehlt ihm jede Wiederholungsvorschrift. Das Kopfmotiv stürzt gewalttätig herein und macht gleich einer Generalpause Platz. Dann führen Oktavsprünge die Heftigkeit fort. Das Allegretto, das den langsamen Satz vertritt, lässt nicht – wie zu erwarten wäre – behagliche Entspannung aufkommen. Auch dem attacca anschliessenden Scherzo mit der Zusatzbezeichnung ma serioso geht jegliche Heiterkeit ab. Kein Wunder, dass Beethoven das Werk als Ganzes ausdrücklich als Quartetto serioso bezeichnete und verstanden wissen wollte – als erschütterndes Gegenstück zum heiter wirkenden, ein Jahr zuvor komponierten «Harfenquartett» op. 74.

Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791

Streichquartett Nr. 14, G-dur, KV 387 (1782)
Allegro vivace assai
Menuetto: Allegretto – Trio
Andante cantabile
Molto allegro

Salvatore Sciarrino 1947-

Streichquartett Nr. 7 (1999)
In einem Satz

Joseph Haydn 1732-1809

Streichquartett Nr. 44, B-dur, op. 50, Nr. 1, Hob. III:44 (1787)
Allegro
Adagio non lento
Menuetto (Poco Allegretto) – Trio
Finale: Vivace

Ludwig van Beethoven 1770-1827

Streichquartett Nr. 11, f-moll, op. 95 «Serioso» (1810)
Allegro con brio
Allegretto ma non troppo
Allegro assai vivace ma serioso
Larghetto espressivo - Allegretto agitato